Camille Saint-Saëns hat die Kammermusik ohne Klavier, also die beiden Streichquartette, erst zu einer Zeit komponiert, in der andere an Pensionierung denken oder bereits in Rente sind. Das Klavierquintett zählt dagegen zu den frühen Werken. Bei seiner Komposition war Saint-Saëns gerade einmal zwanzig Jahre alt, das Quartett schrieb er mit 64 Jahren. Sie stehen also für verschiedene Epochen seines Schaffens.
In beiden Stücken wie auch im Gesamtwerk ist die klassische Ausrichtung erfahrbar. Form, Struktur und Proportionen in den einzelnen Werken sind an den großen Vorbildern orientiert. Anders als viele seiner Landsleute hat Saint-Saëns das Schwergewicht seiner Kompositionen nicht auf die Oper gelegt. Denn auch im Gesamtwerk zeigt sich dieser Klassizismus daran, dass Saint-Saëns alle Gattungen bedacht hat. So gehört ein Viertel seiner Arbeiten zur Kammermusik.
Das ‘Quartetto di Cremona’ hat in erster Linie bei Piero Farulli vom ‘Quartetto Italiano’ und bei Hatto Beyerle vom ‘Alban Berg Quartett’ Ideen gesammelt. Das bedeutet auch, dass es sowohl einen leidenschaftlichen Ansatz mit emotionaler romantischer Komponente als auch den eher klaren und klassischen Stil kennengelernt hat und verbindet sozusagen italienische Spielfreude mit einem deutsch-österreichischen, gepflegten Stil.
Im Pizzicato wurden die Aufnahmen des Quartetts mit den Werken Beethovens in höchsten Tönen gelobt, was man nachvollziehen kann. Bei Saint-Saëns kann diese Einschätzung nicht ganz aufrechterhalten werden. Beim Quintett, also dem Jugendwerk, ist aus dem Werk heraus die eher italienische vitale Spielweise durchaus begründbar. Beim Quartett werden Akzente und Dynamik aber unnötig forciert. Dadurch entsteht ein gewollter Eindruck, der die natürliche Entwicklung eher stört und übertrieben wirkt. Der zweite Satz des Quartetts, Molto allegro quasi presto, wird auch wirklich presto genommen. Aber dadurch wird er auch sehr burschikos und rabiat.
Two chamber works of Camille Saint-Saëns, the Piano quintet and the First String Quartet are vividly performed by the Quartetto di Cremona, The musicians’s Italian temperament is certainly profitable to the Quintet, but pushes a little the more classical character of the Quartet.