Der Spätromantiker Walter Braunfels beginnt sich von dem Naziverbot und der Avantgarde-Verachtung zu erholen. Oehms sei Dank, haben wir jetzt eine zweite CD mit Orchesterliedern, in denen ein schönes Aufgebot an Sängerinnen für vokale Qualität sorgt, während Hansjörg Albrecht diesmal am Pult des exzellenten Konzerthausorchesters Berlin die Musik inspiriert zu deklamatorischer Plastik bringt.
Mit ihrer warmen und hellen Sopranstimme hat die Finnin Camilla Nylund alles, was eine Sängerin braucht, um die Chinesischen und die Romantischen Gesänge musikalisch einfühlsam zu singen und den Hörer zu bewegen.
In dem Zyklus ‘Das fließende Licht der Gottheit’ vertonte Braunfels einige der mystischen Traktate von Mechthild von Magdeburg aus dem 13. Jahrhundert. Die Musik begegnet der naiven Qualität der Text mit einem aufgefächerten Klang, den Albrecht sehr gut trifft, und Genia Kühmeier gelingt es, die Innigkeit von Mechthilds Dialogen mit Gott mit schöner Unmittelbarkeit wiederzugeben.
Die dritte Sopranistin im Bunde, Ricarda Merbeth, widmet sich den ‘Vier Japanischen Gesängen’, in denen Braunfels genau wie im Falle der ‘Chinesischen Gesänge’ keine exotischen Klänge in der Musik verwendet. Obwohl sie sehr gut artikuliert und recht textverständlich und auch ausdrucksvoll singt, stört ihr schepperndes Vibrato hier genauso wie in anderen Aufnahmen, in denen wir sie hörten. Sehr emphatisch klingt ihre Stimme auch im ‘Tod der Kleopatra’ nach Shakespeare.