Selbst unter den vielen sehr guten ‘Winterreisen’, die wir in letzter Zeit gehört haben, sticht diese hier ganz besonders heraus. Und das aus mehreren Gründen! Der Tenor Daniel Behle, der ja selber auch Komposition studiert hat, stellt uns Schuberts Liederzyklus in zwei Fassungen vor. Neben der klassischen Besetzung für Klavier und Stimme überrascht uns der Künstler mit einer von ihm selbst erstellten Version für Klaviertrio. Und diese Fassung hat es in sich! Behle folgt Schuberts Original und benutzt die beiden Streicher (Violine und Cello) eigentlich nur, um den Klavierpart zu ergänzen. Und ‘ergänzen’ bedeutet für Behle ‘vertiefen’. Es gelingt dem Tenor tatsächlich, Schuberts Klavierpart so aufzuspalten, dass die Streicher neue Dimensionen des Erlebens, Fühlens und Beschreibens mit in das Werk hineinfließen lassen. In vielen Liedern werden so äußere und innere Welten deutlich, wodurch man die Figur des Wanderers vielleicht noch besser verstehen lernt.
Dieses Gefühl der Vertiefung der Musik wird durch Behles wunderbaren Gesang noch verstärkt. Er überlässt der Musik den größten Teil von Schuberts Ausdruckspalette, als Sänger und Interpret stellt er sich hinter die Musik und hält sich emotional zurück. Gerade dieser, nennen wir es einmal objektive Gesang ohne Larmoyanz und Effekte bringt den Hörer dazu, genau hinzuhören. Schuberts Musik spricht durch Behle und der Sänger wird so zur Stimme der ‘Winterreise’. Eine einfach großartige Leistung, hinter der sich ein wohlüberlegtes und sehr stimmiges Konzept verbirgt.
Daniel Behle, der uns schon durch viele herausragende Aufnahmen aufgefallen ist, setzt hier die traditionsreiche Linie an Bach und Mozart geschulter Tenöre wie Anton Dermota, Ernst Haefliger, Fritz Wunderlich oder Peter Schreier im Liedbereich fort. Dass Behles zwei Versionen für mich zum Schönsten gehören, was Schuberts ‘Winterreise’ betrifft, liegt aber nicht nur an den außergewöhnlichen Interpretationen des Tenors, sondern auch an musikalischen Begleitung durch das Oliver Schnyder Trio.
Schnyder, der in beiden Fassungen den Klavierpart übernommen hat, erweist sich als ein kongenialer Interpret, der sowohl Schuberts Musik in allen Punkten ausleuchten wie auch den Sänger vorzüglich begleiten kann. Großartig ist auch die Leistung des Trios mit Schnyder, Andreas Janke, Violine und Benjamin Nyffenegger, Cello, die hier ein komplett neues Bild der Winterreise erschaffen.
Eine Doppel-CD, die das Herz jedes Schubert-Liebhabers höher schlagen lassen wird!
On this CD, Daniel Behle sings Schubert’s Winterreise in the traditional version for voice and piano as well as in a new version for voice and piano trio which he realized himself. It allows us to even better feel the emotional and tragic aspects of the composition. Vically Behle is excellent an as an interpreter he never exaggerates any feeling and so, his performance gets an overall exciting character.
Zum Interview mit Daniel Behle geht’s hier.