Maureen Forrester lernte ich Anfang der Siebzigerjahre durch Gilles Lefebvre, den Direktor des kanadischen Kulturzentrums in Paris kennen. In erinnere mich an eine sehr große und sehr liebenswerte Frau mit einer großen Ausstrahlung und viel Entschlossenheit. Sie, deren Karriere durch die kanadischen ‘Jeunesses Musicales’ lanciert worden war, bestärkte mich damals in der Aufgabe, Konzerte für Jugendliche und Kinder zu veranstalten, und kurze Zeit darauf organisierte ich tatsächlich meine erste Kindermatinee. Die Sängerin erlebte ich damals mehrmals im Konzert. Stets beeindruckte sie mich durch die Ernsthaftigkeit ihrer Interpretationen sowie die Opulenz ihrer weitgestreckten Altstimme. Auch ihr schnelles Vibrato hat mich damals ganz besonders fasziniert.
Obwohl sie auch Oper sang, war Maureen Forrester ja vor allem als Liedsängerin sowie im Konzert zu hören. Besonderen Rang erlangte sie als Mahler-Interpretin. Und als solche erlebt man sie auf der ersten CD dieses Dreier-Albums in idiomatischen, teils wirklich magischen Interpretationen.
Die Bandbreite des Programms auf diesen Platten zeigt, mit welcher intuitiven Sicherheit sich Maureen Forrester von einem Komponisten zum anderen bewegte und dabei selbst Repertoire aufwertete, das andere gerne links liegen lassen. Nicht ohne Grund sind die Carl Loewe-Lieder op. 9 ein Highlight dieses Programms.
Packend ist auch ihre Gestaltung der Wagnerschen Wesendonck-Lieder, deren Dramatik und Emotionen sie mit vokaler Opulenz herüberbringt.
Statt der ‘Zigeunerlieder’ von Brahms, hätte ich mir eher die ‘Ernsten Gesänge’ gewünscht, die der Stimme besser lagen. Dafür entschädigen aber auf der zweiten CD tiefschürfende Schubert- und Schumann-Interpretationen.
Maureen Forrester ist ‘at her very best’ in Brittens Zyklus ‘A Charm of Lullabies’, in dem sie darstellerisch tief in die Texte eindringt und sowohl Dramatik als auch Intimität in einem selten spannungsintensiven Gesang vereint.
Nach den französischen ‘Mélodies passagères’ von Samuel Barber endet das Programm der dritten CD mit den zwei Poulenc-Zyklen ‘La Fraîcheur et le Feu’ sowie ‘Le travail du Peintre’. Poulenc war einer der letzten Komponisten, dessen Werke Maureen Forrester sang. 1990 war sie in der Rolle der alten Mme de Croissy in einer Neuinszenierung der Oper ‘Dialogues des Carmélites’ an der ‘San Diego Opera’ zu hören.
In einigen Liedern mag es ihre Stimme an Leichtigkeit fehlen, aber in den Maler-Portraits gibt sie jedem Wort Erzählkraft und stellt ihr luxuriöses Instrument mit sensiblen Interpretationen ganz in den Dienst der Musik.
Den stärksten Eindruck hinunterlässt Maureen Forrester immer, wenn sie Traurigkeit oder, im Kontrast, Zärtlichkeit sehr berührend zum Ausdruck bringt. Die Sicherheit der Stimmführung, die reine Kopfstimme dieses wirklichen Alts, die Färbung und die Schattierung des Gesangs geben Forresters von Ludger Böckenhoff mustergültig bearbeiteten Aufnahmen einen hochspezifisch spirituellen Charakter, der oft mit musikalischer Magie und Einzigartigkeit einhergeht.