Glückwunsch zu 20 Jahre Profil! Ein Firmen-Jubiläum ist ja immer auch ein Punkt, ein Zwischen-Resümee zu machen, Herr Hänssler, Sie sind seit bald 40 Jahren aus dem klassischen Musikbetrieb nicht wegzudenken. Was hat Sie bewogen, nach der erfolgreichen Gründung von Hänssler Classic noch ein neues Label zu gründen?
Frühere Geschäftspartner kamen auf mich zu, die ein kleines klassisches Label hatten, das zu klein war, um rentabel zu sein und zu groß, dass man es beerdigen sollte. Relativ schnell konnten wir in Bereichen tätig werden, die bei Hänssler Classic nicht so prominent vertreten waren wie Symphonik und Oper. Einen großen Schritt machten wir mit den Günter Wand-Aufnahmen, der selbst bei den großen Orchestern auf fünf Probetage bestand. Da kam eine Qualität raus, die alles andere als heute üblich ist. Und der nächste Meilenstein war die Edition mit dem MDR und der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Gerade im Ausland wird diese Uraufführungstradition geschätzt. Die Liga des Klangkörpers spiegelt sich auch in der imposanten Liste ihrer Kapellmeister: Schütz, Hasse, von Weber, Wagner, Busch, Sanderling, Blomstedt, Haitink, Thielemann, um nur einige zu nennen. Und es erfreut, wenn sich dann der Ring schließt. So wurde ein Jahrhundertgeiger wie Frank-Peter Zimmermann, mit dem wir phantastische Aufnahmen in jüngster Zeit veröffentlicht haben, als Capell-Virtuos eingeladen zur Staatskapelle Dresden.
Sie sprechen vom Profil von Profil. Was ist das Markenzeichen des Labels?
Naja, wer mich mit meiner langen Nase kennt, weiß, dass ich vom Schöpfer zumindest rein äußerlich Profil mitbringe. Ein Produzent, der von sich behauptet, jede Veröffentlichung argumentieren zu können, ist vielleicht ein Scharlatan. Wenn Sie die großen Editionen und Serien anschauen, wie oben genannt, haben wir wohl schon Alleinstellungsmerkmale geschaffen. Dazu zählt sicher unser großes Engagement mit der aktuell komplettesten Bruckner-Edition auf 23 CDs. Ich sehe Profil in erster Linie als ‘Musikalisches Gedächtnis’.
Wenn Sie sich selbst beschreiben müssten: Was ist Ihr Profil? Sie sind Chef von zwei renommierten Labels – was macht Sie persönlich aus?
Vermutlich könnten das Freunde oder meine Frau besser beantworten. Ich glaube, ich bin relativ bodenständig und es war sicher ein Privileg, mit guter Musik aufgewachsen zu sein. Und ich selbst war immer Musik verrückt. Ich schätze Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Treue, Loyalität. Und ich schätze Musiker, die besessen sind, das Beste aus sich herauszuholen. Die also mehr im Laden wie im Schaufenster haben.
Was können Musikliebhaber von Ihren Veröffentlichungen erwarten?
Bei den großen Editionen arbeitet ein ganzes Bündel von Spezialisten mit. Entsprechend ist auch die editoriale Gestaltung des Booklets. Ein interpretatorisch normales Konzert wird von uns nicht veröffentlicht. Für dieses große Netzwerk bin ich mehr als dankbar, eine Edition wie die mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden, wäre, um einen Namen zu nennen, ohne einen Dr. Lieberwirth nicht möglich gewesen.
Ein Jubiläum ist nicht nur eine Möglichkeit für ein Resümee, sondern auch für den Blick in die Zukunft. Was sind Ihre Pläne, wie stufen Sie die Zukunft der Tonträger ein? Und welche große Edition dürfen wir bei Profil in der nächsten Zukunft erwarten?
Wir haben bei den CDs weiterhin Wachstum, allerdings veröffentlichen wir relativ viel. Aktuell größter Wachstumsträger ist das Digitalgeschäft, was ich als gute Ergänzung zur CD sehe.
Die spannendsten Neuerscheinungen in naher Zukunft werden in Kürze eine 10 CD Box zum 475. Geburtstag der Staatskapelle Dresden sein – gleichzeitig ein einmaliges Dokument über 100 Jahre Tonaufzeichnungen! Und zum Bruckner-Jahr werden die kompletten Symphonien in allen wesentlichen Versionen unter der Leitung von Gerd Schaller erscheinen.
Unter Hänssler Classic arbeiten wir derzeit am Ersten Leipziger Kantatenjahrgang mit der Gaechinger Cantorey unter der Federführung von Hans-Christoph Rademann in 10 Volumes unter dem Titel VISION.BACH sowie an der baldigen Veröffentlichung der kompletten 107 Sinfonien von Joseph Haydn mit den Heidelberger Sinfonikern.
Sie sehen, die CD lebt!