Von Oktober 2020 bis Oktober 2021 feiern Genova & Dimitrov ihr persönliches Jubiläumsjahr: 25 Jahre Klavierduo Genova & Dimitrov gilt es zu feiern. Und ausgerechnet dann wütet die Corona-Pandemie und legt weltweit das Konzertleben lahm. Im Interview mit René Brinkmann sprechen Genova & Dimitrov über ihre bisherige Karriere, wie sie sich als Klavierduo professionell und privat gefunden haben, ihre langjährige Partnerschaft mit dem CD-Label cpo und nehmen in Bezug auf den heutigen Stand der Klassikbranche kein Blatt vor den Mund.
25 Jahre Genova & Dimitrov: Würden Sie sagen, die Zeit ist wie im Flug vergangen oder sind Sie im Rückblick dann doch erstaunt, wie viel so alles ‘reinpasste’ in diese 25 Jahre?
Beides! Tatsächlich sind diese 25 Jahre buchstäblich verflogen, ohne sie groß zu spüren, weil wir uns stets von einem Projekt zum nächsten weitergearbeitet haben und unbemerkt von einer Saison in die nächste ‘hineingeschwommen’ sind. Rückblickend auf das mit Gottes Hilfe bis jetzt Geschaffene aber dürfen wir andererseits ohne falsche Bescheidenheit auch etwas stolz sein. In unserem künstlerischen Leben ist alles bis jetzt sehr ‘klassisch’ verlaufen und niemals überraschend passiert, sondern nur auf der Basis einer sehr vertieften und selbstaufopfernden Arbeit mit größtmöglicher Widmung an unsere künstlerischen Ziele. Diejenigen, die im Hintergrund überdimensionale PR-Akquisen, immense Sponsoring-Aktionen, strategische Bindungen an konkrete Firmen, Hersteller und Designer oder andere Abkürzungen zum schnellen Erfolg bei uns vermuten, werden hier enttäuscht sein. Da ist nichts anderes als Musik, Musik und wieder Musik zu finden…
Zuerst haben wir eine tolle Grundlage der solistischen Klavierausbildung in den besten Händen von Julia und Konstantin Ganev und später bei Vladimir Krainev (alle drei Vertreter der Heinrich Neuhaus-Klaviertradition) genießen dürfen. Erst danach kam das Duo, dann folgten alle bedeutenden Klavierduo-Wettbewerbe und als Resultat dann die Zusammenarbeit mit dem Label cpo, mit den Konzertagenturen usw… Außerdem bei 16 bis jetzt veröffentlichten CD-Einspielungen (darunter 11 Konzerte mit Orchester), davon mehrere Weltersteinspielungen, die sich von den regulären Konzertprogrammen stets völlig unterscheiden, verfliegt die Zeit so schnell, dass man manchmal das Gefühl hat, noch in den Studentenjahren zu sein… Auch bei der Zusammenarbeit mit cpo ist alles sehr stabil und harmonisch produziert worden: Bei den Überlegungen zu den nächsten Projekten hatte man nie den Gedanken in Vordergrund gestellt, wie schnell das Produkt zu verkaufen ist, sondern es ging stets darum etwas Tiefgründiges im Dienste der wunderbaren Gattung Klavierduo und der adäquaten Ausleuchtung von deren so farbenreichen Repertoirepalette zu realisieren. So entstanden Weltpremieren wie z.B. ganz aktuell die Doppel-CD mit Rachmaninov, die Klavierduo-Werke von Liszt, Arensky und Shostakovich oder von Ravel, J. Chr. Bach, Clementi und Vladigerov.
In ihrem Lebenslauf ist ein Eintrag ein besonderer Eyecatcher, und das ist der Auftritt bei der Eröffnung der Olympischen Spiele von Salt Lake City. Ich denke, dass nur die wenigsten klassischen Musiker von sich behaupten können, dass sie bei einer Olympia-Eröffnung mitgewirkt haben. Können Sie uns beschreiben wie es dazu kam und wie der Auftritt ablief?
Dies war tatsächlich ein besonderer Moment für uns. Das Nationale Olympische Komitee für Deutschland und das Deutsche Sport-Marketing haben sich zu diesem Zeitpunkt auf die Wurzeln der modernen Olympischen Spiele besonnen und die starke Verbindung zwischen Sport und Musik in der Geschichte des antiken Griechenlands neu entdeckt. Es wurden die klaren und deutlichen Parallelen zwischen den Vorbereitungsabläufen bei Hochleistungssportlern und Hochleistungsmusikern hervorgehoben, die beide monate- und jahrelang im Voraus beginnen und andauern und sich meistens auf dieser eine Sekunde oder Minute fokussieren, in der die Höchstleistung und das Ergebnis der Vorbereitung abgerufen werden müssen – nicht früher und auch nicht später. Als einzige Gewinner aller bedeutenden internationalen Klavierduo-Wettbewerbe wurden wir daraufhin eingeladen, die Eröffnung der Winterolympiade in Salt Lake City im Deutschen Haus als Vertreter der klassischen Musikwelt mitzugestalten. Es war sehr lustig, dass einige unserer Fans dabei etwas enttäuscht waren, dass sie uns bei der Live-TV-Übertragung nicht auf der offenen Bühne mit Shakira erleben konnten und schrieben uns und unsere Manager an. Wir haben sie aber trösten können, da kein Konzertflügel eine Temperatur von damals minus 20 Grad so lange ertragen würde und sie das Musikerlebnis bei der TV-Übertragung aus dem Deutschen Haus gern nachholen könnten. Später ließ sich auch der italienische Volleyballverband davon inspirieren und lud uns ein, die Eröffnung der Volleyball-Weltmeisterschaft in Triest 2010 mit einem Konzert musikalisch zu gestalten.
Wenn Sie die drei größten Highlights aus ihren 25 Jahren Klavierduo aufzählen müssten, sozusagen die „Gold-, Silber- und Bronzemedaille“ dessen, was Ihnen in Ihrer Karriere widerfahren ist, was wäre das?
Wir reden natürlich symbolisch über diese Stufen. Eine derartige Persönlichkeit, einen Titanen wie Vladimir Krainev 20 Jahre lang als musikalischen Vater und Mentor haben zu dürfen, das war Gold wert! Silber wäre vielleicht die Zusammenarbeit mit cpo, die uns Preise wie z.B. den ECHO Klassik gebracht hat, so wie auch mehrere Nominierungen. Als Bronze würden wir auf jeden Fall alle hervorragenden Veranstalter, Orchester und Dirigenten, sowie auch Agenturen nennen, die uns die Möglichkeit eröffnen, mit unserem Konzertpublikum weltweit in direktem Kontakt zu sein und den Menschen im Saal durch unsere musikalischen Aufführungen Freude und Hoffnung zu schenken.
Sie haben von Beginn an auch großen Wert auf CD-Produktionen gelegt, wobei sie schon sehr früh mit dem Label cpo zusammengekommen sind – eine Zusammenarbeit, die bis heute anhält. Wie sind Sie damals mit dem Label in Kontakt gekommen?
Wie gesagt, es mag heutzutage vielleicht etwas wie ein Märchen klingen, aber es war so – ein ganz klassisches Modell der musikalischen Entwicklung. Burkhard Schmilgun (Direktor A&R bei cpo) hörte zufällig eine Live-Aufnahme von uns aus dem Klavierduo-Wettbewerb in Tokio. Es war das Concertino von Dmitri Shostakovich. Zu etwa derselben Zeit hatten wir als frischgebackene Gewinner des ARD-Musikwettbewerbs unsere allererste Rundfunkproduktion im SWR Baden-Baden realisiert. Als dann Dr. Lotte Thaler beim Gespräch Burkhard Schmilgun beiläufig über ihre aktuellen Erfahrungen während unserer Produktion erzählte, wusste er bereits, um wen es sich handelte. Und so kam der erste Projekt-Vorschlag seitens cpo – Sämtliche Klavierduowerke Dmitri Shostakovichs. Es war der Anfang nicht nur unserer erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Label, sondern auch von einer ganzen russischen Trilogie in unserer Diskografie bis jetzt: Shostakovich – Arensky – Rachmaninov, wie sie sich dann im Laufe der Zeit herausstellte.
In den mehr als zwei Dekaden Ihrer Karriere, was würden Sie sagen: Hat sich die Klassikbranche sehr verändert und wenn ja, in welchen Aspekten?
Leider hat sie sich sehr viel verändert und zwar nicht nur in die gute Richtung… Zurzeit spielen viele billige Effekte eine große Rolle, und die Künstler scheinen manchmal ein Produkt zum bloßen Geldverdienen geworden zu sein. Die Menschen lassen sich in ihrer Wahrnehmung der Kunst und Musik vom Visuellen manchmal zu stark blenden und können dadurch den wahren Gehalt dahinter nicht wirklich erkennen… Das ist Marketing in einem ganz schlechten Sinn: Eine regelrecht panische Eile nach schnellem Erfolg, ohne dabei die stets nötige Zeit zur Entwicklung eines Musikers und seiner schöpferischen Kräfte zu berücksichtigen. Dabei hat eine besondere Gattung wie das Klavierduo sowieso stets mit einigen grundsätzlichen ‘Krankheiten’ zu kämpfen, die der Verbreitung dieses großen und farbenreichen Repertoires leider immer noch im Wege stehen. Deswegen haben wir uns persönlich das Ziel gesetzt, alles Menschenmögliche zu geben, um unser Publikum tiefgründig an das zauberhafte Klavierduo-Repertoire in seinem möglichst besten Licht heranzuführen, ohne uns selbst je in den Vordergrund zu stellen! Diese magische geteilte Zweisamkeit verdient es, viele Menschen zu erreichen.
Zum 25-jährigen Bestehen des Klavierduos Genova & Dimitrov haben Sie ein Album mit den Werken für zwei Klaviere von Sergej Rachmaninov aufgenommen. War das ein Projekt, welches sich so ergeben hat oder war dies ein besonderer Wunsch von Ihnen?
Rachmaninovs Gesamtwerk aufzunehmen war durchaus ein besonderer Wunsch von uns. Das Projekt war aber zusammen mit noch ein paar anderen Ideen mit Burkhard Schmilgun von cpo gerade im Gespräch. Deshalb war unsere Freude umso größer, als er und später auch Michael Breugst als Produzent seitens des WDR Köln so fasziniert von der Idee waren.
Was ist denn für Sie das Besondere an der Musik Rachmaninovs und wie ist seine Schreibweise für zwei Klaviere im Vergleich zu anderen Komponisten?
Rachmaninovs Musik wird oft mit einem Ozean verglichen. Nun, hier haben wir zwei davon… (gut also, dass wir uns damals bei einer Südafrika-Tournee die Zeit genommen und den südlichsten Punkt Afrikas Kap Agulhas/Nadelkap besucht haben, wo eben zwei Ozeane aufeinander treffen). Aber im Ernst: Rachmaninovs Musik für zwei Klaviere ist ein unglaublicher Reichtum an menschlichen Emotionen, sie spricht jede menschliche Seele an, egal welcher Nationalität, Hautfarbe oder Religion, sie nimmt einen von der ersten Sekunde an gefangen und erzählt Geschichten. Aus rein professionellem Gesichtspunkt ist alles sehr pianistisch geschrieben, genauso wie zum Beispiel bei Liszt fühlt man vom Anfang an, dass dies nicht nur geniale Komponisten, sondern auch geniale Pianisten waren…
Relativ viel Repertoire für zwei Klaviere führt bedauerlicherweise ein Schattendasein im Musikleben, obwohl es teils von den größten Komponisten geschrieben wurde. Allein in Ihrer Diskografie finden sich Werke von Liszt, Mendelssohn, Ravel, Shostakovich, Prokofiev, usw. Und wenn man sich diese Musik anhört, stellt man fest, dass es sich wirklich um große, bedeutende Werke handelt. Warum wird diese Musik eigentlich nicht häufiger aufgeführt?
Ja, es stimmt, so wie z.B. fast jeder eine Ballade von Chopin oder eine Beethoven-Sonate kennt, sollte man eigentlich auch manche der Klavierduo-Werke so genau kennen. Unserer Meinung nach liegt diese Schwäche noch in der Vergangenheit begründet: Sehr selten, fast nie, ist es passiert, dass zwei wirklich starke Klavier-Solisten sich ausschließlich einer Duokarriere gewidmet hätten. Die Pianisten sind eher eine egozentrische Art Menschen. Sie wachsen jahrelang mit dem Bewusstsein auf, dass sich die Sonne sozusagen rund um sie dreht – fast alle anderen Musiker werden ihre Klavier-Mitwirkung irgendwann brauchen, sei es für Klavierbegleitung für Instrumentalisten aller Gattungen oder Sänger, sei es für Klavier-Kammermusik oder für Orchester und Dirigenten. Wenn zwei solcher ‘Universen’ aufeinandertreffen kracht es sehr oft, und nur sehr wenige sind von Grund auf bereit, ihren Platz an der Sonne ‘abzugeben’, wie sie aber nur fälschlicherweise glauben, es zu müssen. Dabei geht es eigentlich um etwas völlig anderes, nämlich darum, etwas zusammen zu erschaffen und nicht einzeln zu verlieren. Vielleicht deshalb spielen solche Solisten-Kollegen auch mit nur einer einzigen zweistündigen Probe direkt vor dem Auftritt und möchten das Publikum glauben lassen, dass dies Klavierduo sei…
Und dann ist noch die andere Seite des Problems: Jahrelang waren und auch heutzutage sind noch manche Vertreter dieser unglaublich attraktiven Gattung sehr oft Schwester, Brüder, Familien, die ausschließlich aus diesem Grund zusammen musizieren und die künstlerischen und pianistischen Eigenschaften zur vollständigen Entfaltung des Farbenreichtums dieses Repertoires gar nicht besitzen. Und so passiert es meistens, dass wunderschöne Meisterwerke aufgrund der mangelnden pianistischen Qualität in zweifelhaftem Licht oder als billige Show dem Publikum präsentiert werden und keinen dauerhaften Eindruck hinterlassen. Deswegen freut es uns umso mehr, wenn wir die von Ihnen erwähnten Worte nach unseren Konzerten und Aufnahmen vom Publikum oder der Fachpresse hören: « Aber wieso wurden bis jetzt diese wunderbaren Werke gar nicht oder so selten aufgeführt?“
Kommen wir noch einmal auf Ihr persönliches Jubiläum zurück: Wie war das vor 25 Jahren – wie haben Sie als Klavierduo zusammengefunden?
Jedes Mal, wenn wir darüber sprechen, kriegen wir richtige Gänsehaut. Wir beide, Studenten in der Solisten-Klasse (Aufbaustudium) von Vladimir Krainev an der Musikhochschule Hannover, ausgewählt und persönlich vom großen Meister eingeladen, bereiteten uns für einen wichtigen Klavierwettbewerb für Solo-Pianisten in Seoul vor. Beide zusammen – als Konkurrenten!
Als Pflichtstück im ersten Durchgang stand Chopins Etüde Op. 25 Nr. 11 in a-Moll auf dem Programm. Es war ein Freitag und wie üblich hatten wir beide geplante Unterrichtsstunden mit Vladimir Krainev im Raum 142 der HMTM Hannover. Das hieß also: Ein Raum mit zwei Flügeln und nur einige Minuten Zeit zum warmspielen, weil Prof. Krainev nur kurz für eine Zigarette nach draußen gegangen war. Viele beklagen immer noch die zeitliche und räumliche Not an unserer Alma Mater. Doch für uns – in diesem Moment – war gerade dies das Ausschlaggebende, um spontan anzufangen, Chopins Etüde für Solo-Klavier synchron im Duo zu spielen.
Und da war’s! Wir hatten uns selbst in dieser höchst gespannten Atmosphäre der Wettbewerbsvorbereitung so beflügelt gefühlt, so übereinstimmend und harmonisch und so emotional stark, als hätten sich Brigach und Breg gerade zur Donau zusammengefunden. In dieser Zeit kam Prof. Bernd Goetzke in den Raum, um mit unserem Lehrer etwas zu besprechen und anscheinend beeindruckt vom gerade gehörten Ergebnis fragte er uns, ob wir uns nicht an das ‘echte’ Klavierduo-Repertoire wagen und an dem in einem Monat an der Musikhochschule stattfindenden Kammermusik-Wettbewerb teilnehmen möchten. Von Vladimir Krainev in dieser Idee sofort unterstützt, haben wir also nach einem Monat unseren ersten Ersten Preis gewonnen. Und so lief es einige Wochen danach direkt weiter, mit dem Gewinn unseres ersten internationalen Wettbewerbs, ‘Bellini’ in Caltanissetta/Italien, und noch ein Monat später in Tokio/Japan. Ein paar Monate danach folgte der Gewinn des ARD-Musikwettbewerbs und ein Jahr später die ‘Dranoff Two Piano Competition’ in Miami.
Sie ja auch ein Ehepaar, und da stellt sich die Frage: Was war früher da – das Duo oder die persönliche Zuneigung zueinander?
Die Liebe war zuerst da, das menschliche Kennenlernen, die fünf wichtigen Jahre, in denen wir sogar das berufliche Konkurrenten-Dasein im privaten Leben erleben durften, da haben wir unheimlich viel gelernt, was später im Duo-Leben wertvoll war.
Im Moment liegt das Kulturleben mehr oder weniger weltweit lahm. Was erwarten Sie von der Zeit nach der Krise?
Wir sind und bleiben Optimisten! Mit Gottes Hilfe erhoffen wir uns ein schnelles Comeback von wunderbaren Konzerten für uns und die Musiker-Kollegen. Wir hoffen von Herzen, dass diese schwierige Zeit uns deutlich genug gezeigt hat, wie leer und inhaltslos das Leben ohne Musik sein kann, wie schnell die menschliche Seele ohne Kunst in komplette Lethargie verfallen kann, trotz vollem Kühlschrank, modernster Elektronik oder feinster Konsumgüter. Hoffentlich erkennen aber auch endlich mehr Menschen, dass Musik, Kunst und Kultur keine Freizeitbeschäftigungen sind, die sie leicht aussortieren und entbehren können, sondern ein zutiefst verwurzeltes menschliches Bedürfnis, ganz egal ob ihnen dies bewusst ist oder nicht.
Was sind Ihre Pläne für die nähere Zukunft? Ihre Website lässt durchblicken: Da steht ein neues Album an. Vielleicht können Sie uns dazu zum Abschluss noch etwas mehr erzählen, sozusagen, um die Vorfreude zu wecken.
Neben den Vorbereitungen für die künftigen bereits geplanten oder wegen der Pandemie verschobenen Konzertprogramme, sind wir tatsächlich extrem glücklich, einen richtigen Schatz entdeckt zu haben, vom Bekanntheitsgrad her einen fast kompletten Gegensatz zu Sergej Rachmaninov: Dabei geht es um Amy Beach, die Pionierin der US-amerikanischen Komponistinnen-Tradition, deren Gesamtwerk für Klavierduo wir im WDR Köln wieder mit einem Dream-Team, geleitet von der Produzentin Andrea Zschunke und mit Chef-Tonmeister Stephan Hahn realisiert haben.
Die Musik dieser wahren Viktorianerin überrascht auf eine unnachahmliche Weise – mal glaubt man darin Scriabins und Schumanns Ideenreichtum herauszuhören, mal scheint die Atonalität Bergs und Schönbergs erkennbar zu sein, mal sind es Irische Melodien, die mit einer überwältigenden Einfachheit faszinieren, mal sind es Lieder aus der Balkan-Region. Wenn wir bedenken, dass diese Dame aufgrund strengster familiärer Restriktionen sowohl im Elternhaus als auch in der Ehe keine professionelle Klavier- oder Komponisten-Ausbildung genießen durfte, gleich nach dem Tod ihres Ehemannes aber glänzende Erfolge auf ausgedehnten Konzerttourneen kreuz und quer durch Europa und Amerika feierte, kann man nur voller Demut den Hut vor solch einem Talent ziehen. Im wahrsten Sinne des Wortes darf man hier also sehr gespannt sein.