25 Jahre ‘Solistes Européens, Luxembourg’. Waren Sie selber immer überzeugt, dass das Orchester dieses Alter erreichen würde?
Jein.. Ich war von der Idee überzeugt und wusste, dass das Orchester ein fester Bestand der Luxemburger Kulturszene werden würde, aber mit der Eröffnung der Philharmonie kamen Zweifel auf…Doch das ist ein Thema, auf das ich noch in einem präzisen Kontext zurückkommen will.
Wie und warum kam es eigentlich zur Gründung des Orchesters?
Die Idee, ein professionelles, projektbezogenes Kammerorchester in Luxemburg zu gründen, kam von Jack Martin Händler und wurde von dem damaligen Generalsekretär der ‘Jeunesses Musicales’, Jean Wenandy, aufgegriffen. Bei der Gründung war ich selbst noch nicht involviert, aber ganz kurz danach kam ich an Bord, und wir konnten im September 1989 das erste Konzert im Stadttheater geben. Freilich soll man nicht glauben, das sei problemlos vonstatten gegangen. Wir stießen auf sehr viel Widerstand, ließen uns aber nicht abhalten, das Wagnis trotzdem einzugehen. Warum? Nun, ganz einfach, weil es damals kein professionelles Kammerorchester in Luxemburg gab, und eine Nische besetzt werden sollte.
Mit dem langjährigen Chefdirigenten Jack Martin Händler kam es zu einer Auseinandersetzung, die zur Trennung von diesem Musiker führte. Ohne ihn gäbe es die ‘Solistes Européens’ aber wohl nicht?
Auseinandersetzung ist nicht das richtige Wort. Eher würde ich sagen, es habe kein gemeinsames Ziel mehr gegeben. Mit der Eröffnung der Philharmonie war ja sowieso alles anders geworden. Statt einem oder zwei klassischen Konzerten pro Woche gab es plötzlich in der Hauptstadt jeden Abend eine oder sogar mehrere Veranstaltungen. Das bedeutete für uns eine Konkurrenz, angesichts der wir uns neu aufstellen mussten. 2007 war uns klar, dass es nur zwei Wege geben konnte: aufhören oder uns neu positionieren. Wir haben damals alles in Frage gestellt und unsere Hausaufgaben gemacht. Den komplexen Weg einer Neuorientierung wollte Jack Martin Händler nicht mitgehen, und so kam es zu einer schwierigen Trennung. Aber es stimmt: es war seine Idee, und es war eine sehr gute Idee, die jedoch nach 2005 angepasst werden musste.
Sie haben ein sogenanntes Ad-hoc-Orchester ohne fest engagierten Musiker. Wie wird das Orchester zusammengesetzt?
Wir haben ein projektbezogenes Orchester mit einem soliden Stamm von erfahrenen Musikern aus ganz Europa. Das ist der harte Kern, um den sich dann mit Hilfe von Christoph König und seinen ersten Pulten neue, profilierte Musiker zusammenfinden. Im Augenblick sind wir dabei, einige ältere Kollegen zu verlieren, so z.B. Jean Dupouy oder Frantisek Hermann, aber die Nachfolger sind ebenbürtig, weil sie auch die Nachfolger in den selben Stammorchestern sind, also ‘Orchestre de Paris’ und ‘Tschechische Philharmonie Prag’. Die letzte Entscheidung aber liegt immer bei Christoph König, unserem Musikdirektor.
Was sind die Vor- bez. die Nachteile eines Ad hoc-Orchesters?
Die Vorteile sind ganz klar: wir können in allen möglichen Größen spielen. Die durchschnittliche Besetzung pro Konzert liegt bei 44 Musikern. Mehr erlaubt unser Budget nicht und wir wollen auch nicht größer werden. Wenn wir einmal 52 Musiker benötigen, dann spielen wir bei anderen Konzerten mit weniger als 44. Wir brauchen immer nur Honorare an die präsenten Musiker zu zahlen. Unsere Mitglieder sind freischaffende Künstler, sie zahlen aber ihre Steuern und Sozialkosten in Luxemburg. Nachteilig ist, dass wir jede Saison das Orchester neu aufstellen müssen und immer hoffen, dass unsere Stammmusiker dann auch in ihrem Orchester frei sind, wenn wir spielen.
Wie hat sich das Verständnis der Zusammenarbeit im Orchester in den 25 Jahren gewandelt?
Die Zusammenarbeit von rund 44 erstklassigen Musikern aus den besten europäischen Orchestern ist exemplarisch. Wenn Sie dann noch das Glück haben, einen Christoph König vor das Orchester stellen zu können, der in einem ständigen Dialog mit seinen Musikern ein Ganzes schafft, dann ist das Resultat optimal.
Von Haus aus sind Sie Bänker. Was hat Sie dazu gebracht, Orchestermanager zu werden?
Die Liebe zur Musik und eine neue Herausforderung! Ich hatte immer ein Faible fürs Organisieren. Am Anfang war das ja ein Wochenend-Job, und erst als ich in Frührente gehen konnte, hat sich das Ganze mehr professionalisiert.
War es nicht eine enorme Herausforderung, ein solches Orchester zu führen, ohne Kenntnisse über die Spezifizität des Orchestermanagements?
Ja, das stimmt! Aber Jean Wenandy, der mich zur Musik gebracht hat, hat mir auf dem musikalischen Weg sehr viel geholfen. Mit Rolf Beck hatte ich einen erfahrenen Orchester- und Festivalmanager als Freund: seine Ratschläge waren eine enorme Hilfe. Sodann war meine Erfahrung in der Bank und auf dem internationalen Parkett auch sehr nützlich.
Wenn Sie das Ganze noch einmal von vorne beginnen müssten, was würden Sie anders machen?
Vieles, aber ehrlich gesagt: Fehler macht jeder und ich habe immer versucht, aus diesen zu lernen. Auf jeden Fall würde ich es noch einmal machen.
Was waren, aus Ihrer Sicht, die Höhepunkte der vergangenen 25 Jahre?
Die Konzerte mit Yehudi Menuhin, nicht so sehr vom musikalisch Gebotenen, aber vor allen vom menschlichen Standpunkt, wegen der Lebensphilosophie des großen Yehudi Menuhin. Die sieben Tage, die ich das Glück hatte, mit ihm zu verbringen, haben mir unendlich viel gebracht, was Humanismus und auch musikalische Introspektion angeht. Sehr wichtig war auch meine erste Begegnung mit Christoph König in Berlin, nach seiner ‘Zauberflöte’ an der Deutschen Oper, wo ich sofort das Gefühl hatte: Das muss unser Chef werden! Die Chemie stimmte vom ersten Augenblick an, und seine Ideen lösten in mir sofort den Funken der Hoffnung für die Zukunft der SEL aus.
Hohe Qualität, immer besser werden – was ist das Erfolgsgeheimnis?
Im augenblicklichen Umfeld in Luxemburg kann nur allerhöchste Qualität überleben. Sich nach jedem Konzert fragen, was zu verbessern ist, wo es noch noch eventuell kleine Schwachstellen gibt… nur so kann der Erfolg weitergeführt werden. Ich bin überzeugt, Christoph König und seine Musiker sind auf dem besten Weg, zu einem der Toporchester Europas heranzuwachsen. Das Management kann nur die Infrastruktur und das Administrative dazu beitragen. Anne Pierron, unsere total engagierte administrative Direktorin, und ich sind mehr und mehr auf die Hilfe, die volle Unterstützung und Ratschläge unserer Verwaltungsratmitglieder angewiesen. Es ist wichtig, zu wissen, dass alle hinter der ‘Idee’ stehen.
Was sollen die nächsten 25 Jahre für die ‘Solistes Européens’ bringen?
Dies hängt von vielen Faktoren ab. Der erste und wichtigste ist natürlich das Finanzielle. Die Honorare unserer Musiker liegen noch auf dem Niveau von 1995, also von vor zwanzig Jahren. Wir unterstützen voll die Initiative von Frau Ministerin Nagel, die alles in Frage stellt. Nur, die Zeit drängt. Aber das Ministerium hat ja jetzt die ersten Weichen gestellt, und wir sind optimistisch, dass auch wir in Zukunft auf unser Kulturministerium sowie auf die Stadt Luxemburg zählen können. Etwas enttäuscht bin ich über die neue Ausrichtung des Focuna. Wir müssen uns auch hier wieder neu anpassen, nur wird das etwas schwieriger sein, wenn man fast alle Projekte abgelehnt bekommt… Vielleicht waren es nicht die richtigen, oder was immer.
Der zweite Faktor sind natürlich unsere Sponsoren. Es werden immer weniger, aber es gibt immer mehr Bittsteller. Die Sponsoren müssen wir daher weiterhin voll überzeugen von dem, was wir machen.
Das Publikum steht hinter uns, und das ist nicht das Wenigste, umso mehr als wir werbemäßig wie ein Stiefkind da stehen, wenn man z.B. nur den Werbeetat der Philharmonie in Betracht zieht. Die Mittel hier und dort sind doch sehr verschieden.
Musikalisch gesehen werden wir weiter auf Christoph König zählen, um sehr attraktive Programme zusammenzustellen
Im Großen und Ganzen bin ich aber äußerst optimistisch für unsere Zukunft.