Dmitri Shostakovich: Cellokonzerte Nr. 1 op. 107 & Nr. 2 op. 126; Alban Gerhardt, Cello, WDR Sinfonieorchester Köln, Jukka-Pekka Saraste; 1 CD Hyperion CDA68340; Aufnahme 11/2019, Veröffentlichung 28/08/2020 (UK), 04/09/2020 (D) (57'22) - Rezension von Remy Franck
Den ersten Satz des 1. Cellokonzerts von Shostakovich hat man nicht oft so unaufhaltsam pulsierend und drängend gehört wie in der Neueinspielung von Alban Gerhardt. Absolut keinen Stillstand gibt es in dem trunken erregten, rhythmischen Drive. Nach diesem flotten Ritt wird das Moderato umso lyrischer, und gleichzeitig total verängstigt. Gefolgt wird es von einer sehr introspektiven tiefschürfenden Cadenza.
Das Finale erklingt rau und kraftvoll, wiederum sehr drängend und soghaft dem Schluss zustrebend. Saraste lässt das Orchester gestochen scharf spielen, völlig entschlackt und trocken, um zusammen mit dem Cellisten einen ekstatischen Tanzrhythmus zu entwickeln.
Danach wirkt der erste Satz des Zweiten Konzerts wie ein Baum ohne Blätter, unmittelbar neben einem Friedhof, auf dem sich die menschliche Existenz in Form von düsteren hin und wieder auch ironischen Fratzen zu resümieren scheint. Zwei, drei Sonnenstrahlen, ein kurzes Gebet, meistens aber Hoffnungslosigkeit und Qual, Folter der Seele und des Geistes. Die beiden Allegrettos werden in ihrem zirzensischen Gebaren beißend zynisch, wobei im Finale das Reflektive nicht zu kurz kommt. Sarkastischer, negativer kann man die drei letzten Minuten wohl nicht spielen. Da leisten sowohl Alban Gerhardt als auch das grandios aufspielende WDR-Orchester Meisterliches.
Das Spitzenpeloton der Aufnahmen von Shostakovichs Cellokonzerten ist damit um eine Einheit größer geworden, wegen der herausragenden Interpretationen, aber auch wegen eines Klangbilds, das die Musik in bester Räumlichkeit zur Geltung kommen lässt. Wie so oft hat das Aufnahmeteam des WDR wieder einmal ganze Arbeit geleistet.
The first movement of Shostakovich’s First Cello Concerto has not often been heard as continuously pulsating and pressing as in Alban Gerhardt’s new release. There is absolutely no standstill in the excited rhythmic drive. After this brisk ride, the Moderato becomes all the more lyrical, and at the same time totally frightened. It is followed by a very introspective, profound cadenza.
The finale sounds rough, powerful, and again very urgent. The orchestra’s playing is razor sharp, completely purged and dry, to develop an ecstatic dance rhythm together with the cellist.
Afterwards, the first movement of the Second Concerto seems like a tree without leaves, right next to a cemetery, where human existence seems to be summed up in the form of gloomy and occasionally ironic grimaces. Two, three rays of sunshine, a short prayer, but mostly hopelessness and agony, torture of soul and spirit. The two Allegrettos become bitingly cynical in their circus-like form, whereby in the finale the reflective ideas are not neglected. The last three minutes couldn’t be played more sarcastically and negatively. Alban Gerhardt as well as the grandiose WDR Orchestra perform masterly.
The top peloton of the recordings of Shostakovich’s cello concertos has thus grown by one unit, because of the outstanding interpretations, but also because of the recorded sound. As is so often the case, the WDR recording team has done a great job.