Dass Alexej Gorlatch eine starke Persönlichkeit ist, das merkt man schon in den ersten Takten der ‘Grande Sonate Pathétique’. Der junge deutsch-ukrainische Pianist, Jahrgang 1988, verfügt nicht nur über eine ungewöhnliche Gestaltungsphantasie, sondern auch über die Mittel, um seine Ideen in Musik umzusetzen. Gorlatch hat ein stupendes Nuancierungsvermögen, und das bei Farben, Lumen und Dynamik. Sowas kann natürlich auch gefährlich sein, es kann zu einem Überschuss an Nuancen und Effekten führen. Glücklicherweise ist der junge Pianist intelligent und feinfühlig genug, um das zu vermeiden. Dort, wo man den Eindruck hat, er hätte sein Temperament trotzdem noch etwas zügeln sollen und sei schon an der Grenze zum Manierismus, kann man das auf sein junges Alter zurückführen und davon ausgehen, dass er im weiteren Reifungsprozess manche Dinge noch etwas nüchtern sehen wird.
An anderen Stellen, etwa im ersten Satz der 14. Sonate, ist das Spiel derart souverän und abgeklärt, dass man sich eigentlich um Gorlatch keine Sorgen mehr machen muss. Eher sollte man froh sein, dass ein Pianist Ideen hat und nicht nach Schema X verfährt, immer schön brav am Mittelstreifen entlang, sondern beim Hörer Überlegungen in Bewegung setzen, die die Basis liefern für eine Diskussion über das Ob und das Wieso. Nirgendwo erhebt er den Anspruch, etwas Definitives gesagt zu haben oder will mit zirzensischem Spiel die Zuhörer verblenden. Er wird selbst da nicht zum Showman, wo er in der Sturm-Sonate die Musik sehr effektvoll, sehr bildhaft und narrativ werden lässt, und immer wieder mit Nuancen überrascht, bei denen man sich fragt, wie er das eigentlich macht, wie vor allem diese plötzlichen Schattierungen oder auch die auffälligen Kontraste herkommen, die seinem Diskurs eine so großartige Spontaneität geben.
Alexej Gorlatch is for sure a very interesting young pianist who is able to enrich his playing by truly astonishing nuances and contrasts as well. His means of differentiation might be without a limit, but he is intelligent enough to not exaggerate, to stick to an always spontaneous and truly musical discourse.