Dmitri Shostakovich: Cellokonzert Nr. 1 op. 107, Witold Lutoslawski: Mala Suita; Mieczyslaw Weinberg: Cellokonzert op. 43; Nicolas Altstaedt, Cello, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Michal Nesterowicz; 1 CD Channel Classics CC S 38116; Aufnahme 09/2015, Veröffentlichung 05/2016 (71'50) – Rezension von Remy Franck

Aufhorchen ist im Shostakovich-Konzert sofort angesagt: das klingt nicht, wie das Werk gängig zu hören ist. Das Allegretto ist nicht dunkel und zornig wie bei anderen Interpreten, sondern hell und fast lustig in der stoischen Art, wie Nicolas Altstaedt sein Cello hier bearbeitet. Manchmal klingt es wie eine Geige. Das Spiel ist energisch, aber gleichzeitig federleicht und elastisch. Nach dieser burschikosen Einleitung sind die gut 10 Sekunden Pause bis zum Moderato als Zäsur gut und richtig.

Denn der zweite Satz wird zum Lamento. Altstaedt singt es wunderbar lyrisch, und das Orchester schafft um ihn herum eine Stimmung von Verlust und Schmerz, aus der heraus die Cadenza ernst erwächst und sich leidenschaftlich, ja fast atemlos steigert, um die Interpretengemeinschaft bereit zu machen für das schwungvolle Allegro con moto. Altstaedt spielt mit faszinierendem Elan und sein Spiel fügt sich in hundertprozentiger Harmonie ins Orchester. Selten hat man in diesem Cellokonzert eine so deutliche Übereinstimmung von Solist und Orchester gehört wie hier. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Michal Nesterowicz musiziert hinreißend und zeigt sich auch in Lutoslawskis ‘Kleiner Suite’ von seiner besten Seite.

Mit diesen beiden Stücken ist das Fass der Zufriedenheit schon quasi voll. Mit Weinbergs Cellokonzert bringen es die Interpreten zum Überlaufen.

Mstislav Rostropovich, der das Cellokonzert von Shostakovich uraufgeführt hat, war auch der Solist im 1948 komponierten, aber erst 1957 uraufgeführten Cellokonzert von Weinberg, gut zwei Jahre nachdem Weinberg aus der Haft entlassen worden war. Eingekerkert hatte man ihn wegen angeblich jüdischer Umtriebigkeiten. Und gerade der jüdische Bezug ist im Cellokonzert klar heraus zu spüren.

Nicolas Altstaedt spielt die Adagio-Einleitung ungemein tief empfunden, schön und zart-lyrisch, er lässt das Moderato sehr tänzerisch werden, und er geht zusammen mit dem wiederum hervorragenden Orchester die beiden Allegro-Sätze sehr differenziert und expressiv an, mit einem guten Auf und Ab und praller Energie im Finale.

Diese Einspielung stellt wegen ihrer Klanglichkeit – musikalisch und tontechnisch gesehen – die Rostropovich-Rozhdestvensky-Aufnahme von 1964 (Melodiya) weit in den Schatten und nimmt wohl unbestritten den Rang der Referenzaufnahme für dieses Werk ein.

On his Giulio Cesare Gigli cello Nicolas Altstaedt is an outstanding performer in both cello concertos on this disc. He and the marvellous orchestra give new colours, brilliant energy and a powerful expression to Shostakovich’s First and to Weinberg’s Concerto too. The performance of the latter must be considered as a reference recording.

 

 

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