In dem Buch des Propheten Daniel findet sich die Geschichte von Susanna im Bade oder auch Susanna und die (beiden) Ältesten. Eine verheiratete Frau wird bei ihrem Bad im Gartenteich von zwei Richtern, bei denen die Libido überkocht, angegangen, um den Beischlaf zu erzwingen. Anderenfalls wollen sie sie öffentlich beschuldigen, Ehebruch begangen zu haben. Sie weigert sich und wird im Prozess zum Tode verurteilt. Vor ihrer Hinrichtung gelingt es Daniel, eine getrennte Befragung der Zeugen zu erreichen und sie geben abweichende Aussagen zu Protokoll. So werden sie verurteilt und Susanna begnadigt.
Auf dieser Basis hat Carlisle Floyd mit einem selbst verfassten Libretto eine Oper komponiert, die er nach Tennessee in die Zeit der McCarthy Ära verlegt. Damit spielt er sowohl auf die fragwürdige Einstellung gegenüber Frauen an, gibt aber auch Denkanstöße in Richtung der Verfolgung von (unter McCarthy so genannten) Kommunisten und anderen Unerwünschten, unter der ja auch viele Künstler zu leiden hatten.
Neben dem bereits in der Bibel angelegten juristischen Grundsatz, Zeugen getrennt zu befragen, der heute noch gilt, hat das Thema auch sonst in bildender Kunst und Literatur diverse Interessenten gefunden. Nunmehr hat der Stoff auch die Oper erreicht. Hier spielt die Handlung in einer Dorfgemeinschaft, die ein einwöchiges Fest feiert. Der sexuell Übergriffige ist hier ein Geistlicher und der Ehemann wird durch den Bruder ersetzt.
Die Aufnahme ist die erste auf DVD. Mitgeschnitten wurde am ‘Palladium Theater’ in St. Petersburg, Florida. Die Aufnahme wurde kurzfristig ermöglicht, so dass es an heute üblicher Technik fehlt. Bühnengeräusche und ungleich aufgenommene Stimmen sind zu gewärtigen.
Das Ensemble der jungen aufstrebenden Oper kann mit weltbekannten Häusern nicht konkurrieren. Manche hölzern daherkommende Gesangspartien können aber durch die nicht ausgefeilte Aufnahmetechnik bedingt sein. Gesangssolisten sowie Chor können die fröhliche ungeordnete Volksfeststimmung auch dank der an die Umgebung der Appalachen angepassten Kostüme glaubhaft machen, aber auch die niederträchtigen Momente darstellen. Die Regie von Michael Unger wirkt statisch.
Mangels Graben sitzt das Orchester im Hintergrund der Bühne unter einem Hausgerippe, das das Bühnenbild besetzt. Das Orchester unter Leitung seines Chefs Mark Sforzini spielt homogen und engagiert und kann den volksliedhaften Partien mit Charme und Verve den bodenständigen und tänzerischen Impetus geben.
Neben einzelnen Probenszenen sowie Versionen ohne und mit Untertitel bietet die DVD als Extra ein Interview des Regisseurs mit dem Komponisten in bestem Amerikanisch an. Nach ‘Porgy and Bess’ von Gershwin ist die Oper Susannah des inzwischen über neunzigjährigen Komponisten die meistgespielte in den USA. Wer sich für das doch sehr US-amerikanische Sujet erfreuen kann, ist hier gut aufgehoben.