Die zeitgenössische US-amerikanische Musik geht einen durchaus anderen Weg als die europäische, da sie immer klangintensiv und zugänglich ist. Dass sie damit weniger verkopft und anspruchsvoll wirkt, hat Vor- und Nachteile. Vorteil ist, dass sie einen sofort mitnimmt. Nachteilig ist, dass sie für unsere europäischen Ohren damit oft als seicht und austauschbar wahrgenommen wird. Je nachdem, wonach einem der Sinn steht, kann man hier eine neue Aufnahme mit einem Klassiker, der 1. Symphonie von Samuel Barber, und zwei Werke als Ersteinspielungen hören, die von Künstlern aus drei Generationen stammen.
Jennifer Higdon hat das Harfenkonzert für die aufführende Solistin Yolanda Kondonassis in enger Abstimmung mit ihr geschrieben. Das titelgebende Stück Rapture von Patrick Harlin ist ein reines Orchesterstück.
Das Harfenkonzert stellt in vier Sätzen, zwei Mal langsam, zweimal schnell, fast wie im Barock, die Harfe von verschiedenen Seiten, also lyrisch, quasi perkussiv und geradezu drängend intensiv. So beleuchten die vier Sätze vom Charakter und auch von der Besetzung her, das Sujet ganz differenziert. Die Harfe wurde leicht verstärkt, wenn auch die Orchesterpassagen leicht gesetzt sind, sobald das Soloinstrument spielt. Aber mit der Unterstützung müssen beide Seiten keine Rücksicht aufeinander nehmen, die Harfe nicht pressen, das Orchester sich nicht verleugnen.
Die Symphonie von Barber ist äußerlich einsätzig, aber zeigt innerlich auch die klassische viersätzige Form, in der drei Themen verarbeitet werden. Das ebenfalls einsätzige Rapture von Patrick Harlin ist aufgehängt an Erfahrungen von Extremhöhlenforschern, die tagelang vom Ausgang entfernt, ihre Panickattacken beherrschen müssen. Anders ausgedrückt geht es um große intensive Emotionen bei diesem kaum neun Minuten langen Werk.
Yolanda Kondonassis gilt als eine der herausragenden Solistinnen ihres Instruments, ist aber ebenso wie die Musik dieser CD wenig in Europa bekannt. Man merkt ihrem leichtfügigen und sicheren Spiel an, dass sie mit diesem Werk nicht nur vertraut ist, sondern geradezu darin aufgeht. Keine der Vorgaben aus der Partitur überfordert sie, vielmehr erzeugen sie Lust am Spiel, die das Hören zur Freude macht.
Das Rochester Philharmonic Orchestra unter seinem jungen Chef Ward Stare liefert nicht nur eine aufmerksame und miterzählende Stimme für das Harfenkonzert, sondern kann in den anderen beiden Werken die amerikanische Lebensintensität mit Wucht, aber auch hoher musikalischer Qualität vermitteln. Sie gehören ebenso zu den vielen hier weniger bekannten Künstlern von jenseits des großen Teichs, die neben den großen Namen verblassen.