Nach Einspielung der Chopin-Étuden (Pizzicato-Rezension) präsentiert der israelische Pianist Amir Katz (*1973) ein reines Liszt-Programm, für das er den Booklettext selber geschrieben und mit Notizen von Liszt-Schülern angereichert hat: « Ich habe mich entschlossen, authentische Zeugnisse über die Etüden aus den späten Meisterkursen in Weimar, Pest und Rom in den frühen achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts, vor seinem Tod im Jahr 1886, vorzulegen. Die Zeugnisse stammen von seinen Schülern Carl Lachmund, August Göllerich, Vianna da Motta und Arthur Friedheim. Diese wertvollen Zeugnisse liefern uns eine originelle und inspirierte Illustration, die Liszts Meisterklassen und seine Berufung getreu wiedergibt.”
Wie schon im Falle Chopins, beeindrucken die Liszt-Interpretationen von Amir Katz durch ihre extreme Klarheit und die Seriosität des interpretatorischen Anliegens. Die Virtuosität ist bemerkenswert, aber sie hat nichts Demonstratives, sie wirkt eher wie selbstverständlich, weil der Pianist keinerlei Mühe hat, den enormen technischen Anforderungen gerecht zu werden. Alles geht ihm ‘spielend’ von Hand. Hin und wieder überraschen rhythmische Besonderheiten, die aber nie recherchiert wirken, und gefallen tun auch ein hohes Maß an Nuancen und Liebe zum Detail, ein feiner und nie brutaler Anschlag sowie eine sorgfältige dynamische Detaillierung. All das sorgt für spannende, souveräne, sehr kultivierte und zugleich auch erfrischende Interpretationen, die über die zwei Orfeo-CDs hinweg nicht ermüden.