Dieser Konzertmitschnitt aus Aix-en-Provence gibt einen Einblick in das Zusammenwirken zweier enger Freunde, die sich drei der beliebtesten Sonaten vorgenommen haben.
Cédric Tiberghien hat über seine Zusammenarbeit mit Alina Ibragimova einmal gesagt: « It’s a mysterious alchemy ». Ähnliches äußert sich Capuçon über das gemeinsame Spiel mit Martha Argerich. Rein vom Alter her könnte sie seine Mutter sein. Doch gestaltet sich das Musizieren auf Augenhöhe und mit gegenseitiger Inspiration. Beide bringen ihre Erfahrungen und Vorstellungen ein. Und wenn auch Argerich die Ältere ist, so kann man Capucon sicherlich nicht Jugend und Unerfahrenheit attestieren. So finden sie zu einem vitalen und immer drängenden gemeinsamen Ausdruck, der das Feuer der Musik entfacht und füttert und nichts von Müdigkeit oder gar Routine vermittelt.
Die Franck-Sonate erfährt eine sich ruhevoll entfaltende Charakterisierung, die zunächst durch den kultiviert intensiven Ton der Geige geprägt wird. Die Intensität kommt später von beiden Beteiligten aber immer mehr zusammen, ohne dass sie deswegen überstrapazieren. Immer wieder lassen sie fast kontemplativ und trotzdem immer gespannt klingende Szenen und größere Ausbrüche abwechseln. Damit gestalten sie durchaus romantisch starke Stimmungen.
Mit der Kreutzer-Sonate von Beethoven nehmen sie ein Werk in die Mitte, das stilistisch eher klassisch und damit weniger mit großen Gefühlswelten zu verbinden ist. Und so bieten sie diese Sonate mit der erforderlichen formalen Übersicht, ohne deswegen ihrer grundsätzlich gefühlsgerichteten Gestaltung abzuschwören.
Vielleicht am mit dem größten Einvernehmen gelingt ihnen die Sonate von Schumann. Mag Capuçon bei diesem Komponisten auch am meisten von den Ansätzen von Argerich mitgenommen haben, so führt es zu einem zutiefst vertrauten und alle Nuancen ausforschenden gemeinsam bestimmten Weg und nicht etwa zu einer Anheftung der Geigenstimme an den Klavierpart.
Kennzeichnend für diese Aufnahme ist auch die Konzertsituation, durch die Spannung weiter gesteigert wird. Zwar können die beiden Künstler in der Sicherheit des gegenseitigen Einvernehmens agieren. Doch kommt es auf der Bühne auch einmal zu Ausdruckswerten, die man im Studio durch eine weitere Einspielung spieltechnisch optimieren würde, aber dann vielleicht auch weniger Gefühl böte. Denn das dem Tage zuvor verstorbenen Nicholas Angelich gewidmete Konzert bot damit eine zusätzliche innere Anteilnahme, die zum Ausdruck kommt.
This concert recording from Aix-en-Provence gives an insight into the collaboration of two close friends who have taken on three of the most popular sonatas.
Cédric Tiberghien once said about his collaboration with Alina Ibragimova: « It’s a mysterious alchemy ». Capuçon says something similar about playing with Martha Argerich. Purely in terms of age, she could be his mother. But the music-making takes place at eye level and with mutual inspiration. Both bring their experiences and ideas to the table. And even if Argerich is the older, Capuçon certainly cannot be accused of youth and inexperience. Thus they find a vital and always urgent joint expression that ignites and feeds the fire of the music and conveys nothing of fatigue or even routine.
The Franck Sonata experiences a calmly unfolding characterization, initially marked by the cultivated intense tone of the violin. Later, however, the intensity comes together more and more from both participants, without them overstressing themselves because of it. Again and again they alternate almost contemplative and yet always tense sounding scenes with larger outbursts. In this way they create thoroughly romantic atmospheres. With the Kreutzer Sonata by Beethoven they take a work in the middle, which is stylistically rather classical and thus less to be connected with great emotional worlds. And so they offer this sonata with the requisite formal overview, without therefore abjuring its fundamentally emotive design.
Perhaps with the greatest unanimity they succeed in the sonata by Schumann. Capuçon may have taken the most from Argerich’s approach to this composer, but it leads to a deeply familiar way of playing that explores all the nuances together, and not to a tacking-on of the violin part to the piano part.
Also characteristic of this recording is the concert setting, through which tension is further heightened. It is true that the two artists can act in the security of mutual agreement. But on the stage there are also expressive values which would be optimized in the studio by a further recording in terms of playing technique, but which would then perhaps also offer less feeling. For the concert dedicated to Nicholas Angelich, who died days before, thus offered an additional inner sympathy, which is expressed.