Neun Jahre sind es her, dass Gerd Schaller Bruckners 5. Symphonie mit seiner Philharmonie Festiva aufgenommen hat. Damals brauchte er 72’52. In seiner eigenen Orgelfassung, die er ebenso in der Abteikirche Ebrach aufgezeichnet hat, ist er gar noch 16 Sekunden schneller. Aber Bruckner interpretieren ist keine olympische Disziplin, und in der Musik gewinnt nicht unbedingt der Schnellste.
Der Vergleich zu Celibidaches 90 Minuten zeigt allerdings, wie sich das Tempoverständnis rund um Bruckner gewandelt hat. Gerd Schaller ist kein Zelebrant. Er bevorzugt zügige Tempi, die die Musik gleichsam entschlacken. Kein noch so kleines Detail bleibt dennoch auf der Strecke. Darüber erhebt sich das gesamte symphonische Gebäude, das auch durch die klug inszenierten, scharfen Brüche jedoch keine Risse bekommt.
Das stets vorwärtsdrängende Momentum entwickelt über die vier Sätze hinweg ein starke, unfassbare Sogwirkung, der man sich als Zuhörer nicht entziehen kann. Liegt hier etwa das Mysterium von Bruckners Musik?
Das Geschehen bleibt stets spannungsgeladen, und Gerd Schaller vermag immer wieder zu überraschen, vor allem, weil man sich einbildet, dieses monumentale Werk eigentlich zu kennen.
Ganz köstlich sind etwa im Scherzo die ‘Leierkastenmomente’, das Derbe, Ungehobelte in Bruckners Musik als schöner Kontrast zu den sakralen Passagen. Wie heißt es doch so schön bei Bruckner: Musik zwischen Kirche und Wirtshaus.
Die hervorragende Dramaturgie gipfelt dann im Schlusssatz, in den Gerd Schaller noch einmal sämtliche Emotionen hineinschmeißt, sämtliche Bruckner-Kräfte bündelt und die Musik mit ebenso viel Feingefühl wie Wucht ins Finale hineinsteigert.
It has been nine years since Gerd Schaller recorded Bruckner’s 5th Symphony with his Philharmonie Festiva. In his own organ version, which he also recorded in the Ebrach Abbey Church, he is even 16 seconds faster. But interpreting Bruckner is not an Olympic discipline, and in music the fastest does not necessarily win.
The comparison with Celibidache’s 90 minutes, however, shows how the understanding of tempo has changed around Bruckner. Gerd Schaller is not a celebrant. He prefers brisk tempi that purify the music, as it were. No detail, however small, falls by the wayside. The entire symphonic edifice rises above it, which is not cracked by the cleverly staged, sharp breaks.
The constantly advancing momentum develops a strong, incredible pulling effect throughout the four movements, which the listener cannot escape. Is this the mystery of Bruckner’s music?
The events always remain charged with suspense, and Gerd Schaller is able to surprise again and again, especially because one imagines that one actually knows this monumental work.
In the Scherzo, for example, the ‘hurdy-gurdy moments’ are quite delicious, the coarse, uncouth in Bruckner’s music as a beautiful contrast to the sacred passages. As they say in Bruckner’s music: music between church and tavern.
The excellent dramaturgy then culminates in the final movement, in which Gerd Schaller once again throws all emotions into it, bundles all Bruckner’s forces, and raises the music into the finale with as much sensitivity as force.