Das deutsche Label Audite feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Gegründet wurde es 1973 von Friedrich Mauermann in Stuttgart. Hervorragende Interpretationen von entdeckenswertem Repertoire in größtmöglicher Qualität einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen – diese Labelpolitik prägte von Beginn an gleichermaßen Arbeit und öffentliche Wahrnehmung des Labels. Kernbereich der Veröffentlichungen waren damals die Live-Mitschnitte der Symphonien Gustav Mahlers mit Rafael Kubelík und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks – Einspielungen, die bis heute zu den herausragenden Interpretationen dieser Werke zählen.
Im Jahr 2000 übernahm Ludger Böckenhoff Audite von Friedrich Mauermann und ließ sein 1991 gegründetes Label Fermate in der neuen Gesellschaft Audite Musikproduktion aufgehen.
Ludger Böckenhoff ist heute neben der Verantwortung für die Künstler- und Repertoireplanung von Audite noch immer selbst als Produzent und Tonmeister aktiv. Audite arbeitet von Detmold aus mit einem festen Stamm engagierter und hochqualifizierter Mitarbeiter.
Jeden Monat werden ein bis zwei Neuveröffentlichungen präsentiert. Audite produziert in den Formaten SACD (5.1.Surround), CD und LP; Downloads sowie Videotrailer sind ebenfalls fester Bestandteil der Veröffentlichungen. Diese Format-Vielfalt ist durchaus typisch für das Label, ebenso die inhaltliche Auffächerung in zwei Hauptbereiche: historische Archivproduktionen in enger Zusammenarbeit mit den Rundfunkanstalten und Neuveröffentlichungen, diese in der Regel im SACD-Format . Laut dem Label ergänzen sich beide Teilbereiche gegenseitig, « da Interpretationen im Kontext ihrer Entwicklungsgeschichte wahrnehmbar werden. Die langjährige Erfahrung, der Umfang sowie die Qualität der Veröffentlichungen in beiden Bereichen sind in dieser Kombination einzigartig – auch im internationalen Vergleich. »
Nur Produktionen, die den genannten Kriterien entsprechen, werden von Audite mit dem Gütesiegel ‘1st Master Release – Original Tapes’ ausgezeichnet: « Audites historische Archivproduktionen genießen weltweit einen exzellenten Ruf. Inhaltlich erwächst die hohe Qualität aus der langfristigen Zusammenarbeit mit Rundfunkarchiven, die eine kontinuierliche Erforschung der Archivschätze erlaubt. Die hohe klangliche Qualität der Veröffentlichungen basiert auf der Nutzung der Originalbänder aus den Archiven. Selbst für rechtefreie Archivaufnahmen werden von Audite Lizenzen der Rundfunkanstalten erworben. Dieser verantwortliche Umgang mit historischen Aufnahmen scheint in einem Umfeld, in dem Mitbewerber meist privat mitgeschnittene Radiosendungen auf Tonträger veröffentlichen, paradox. Jedoch ermöglicht nur diese musikalisch angetriebene und juristisch einwandfreie Herangehensweise die Nutzung der originalen Master und die langfristige Auswertung der Rundfunkarchive. Hinzu kommt das Remastering, welches zahlreiche neue technische Möglichkeiten der tonmeisterlichen Nachbearbeitung zur Erzielung optimaler Klangqualität nutzt, gleichzeitig aber auch immer historisch-dokumentarischen Prinzipien treu bleibt. »
Was die Neuproduktionen angeht « hat sich Audite einem individuellen Ansatz verpflichtet. Die bewusste Auswahl von Künstler in Kombination mit Repertoire steht am Anfang jeder Produktion. Neben Interpretation und musikalisch-technischer Qualität lässt die Planung auch die phonographische Situation nicht außer Acht. Aufnahmeraum und -technik, evtl. auch das Instrument, werden für jede Aufnahme individuell ausgewählt. Die intensive und detaillierte Aufnahmeleitung, auch durch Labelchef Ludger Böckenhoff, ist genauso wesentlicher Bestandteil des Erfolgs wie die Nachbearbeitung der Aufnahmen in Schnitt, Mischung und Mastering – immer in Rückbindung an das Werk und dessen Interpreten. »
Audite verwendet Mikrofone der Firmen Bruel&Kjaer (dpa), Neumann, Schoeps und Sennheiser; gehört werden die Aufnahmen auf Lautsprechern von ME Geithain und Dynaudio. Bei Aufnahme, Schnitt und Mischung arbeitet Audite mit RME-Peripherie. Hierbei überzeugen vor allem die klanglichen Qualitäten der Vorverstärker und Wandler Micstasy, optisch-digital über MADI verbunden und somit unempfindlich für Signalstörungen wie Einstreuungen oder Höhenabfall. Bei Audite erfüllt die Aufnahmetechnik keinen Selbstzweck – sie stellt die Grundlage dar, auf der die eigentliche musikalische Arbeit in der Produktion ohne Störung stattfindet.
Die Labelarbeit endet keineswegs mit der Erstellung des Masters: « Booklettexte bei Audite sind fachlich relevant und für den interessierten Laien verständlich. Die Autoren sind in die Künstler- und Programmplanung des Labels eingebunden und können so Bezug nehmen auf Besonderheiten jeder einzelnen Produktion: auf Werk, Interpretation, Klanggestaltung, phonographische Situation etc. Die graphische Gestaltung des Covers und die hochwertige Form der Präsentation sind ebenfalls an den jeweiligen Tonträger gekoppelt – ob edle historische Schallplattenedition mit Goldrand oder modernes Foto auf einem Digipack: Von der Verpackung lässt sich auf das Innere schließen, das Design gibt eine Vorahnung von dem zu Hörenden. »
Bereits zwölf Produktionen wurden mit namhaften Preisen wie dem Cannes und Midem Classical Award, dem ECHO und International Classical Music Award (ICMA) ausgezeichnet. Hinzu kommen zahlreiche Nominierungen für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. 2013 kürte die ICMA-Jury Audite sogar zum ‘Label des Jahres’.
Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens realisiert das Label umfangreiche Aufnahmeprojekte und stellt sich mit der Lizenzierung eines Dolby Atmos-Studios neu auf.
Zum Jubiläum erschien die 3 CD-Box ‘Herbert von Karajan – The Early Lucerne Years’, die den Karriere-Neustart des Dirigenten nach Auftrittsverbot und Entnazifizierungsverfahren dokumentiert. Sie stellt einen weiteren Höhepunkt der 10-jährigen Kooperation mit Lucerne Festival dar.
Neben der Fortsetzung der Gregor Joseph Werner-Reihe um die Messen und Motetten erwartet den Hörer ferner der Start eines Beethoven-Zyklus. Alfredo Perl spielt für Audite sämtliche Werke für Klavier von Beethoven neu ein.
Wir haben zum Jubiläum Ludger Böckenhoff einige Fragen gestellt.
Was hat sich verändert in den 50 Jahren, was ist anders geworden, besser oder schlechter?
In eigener Erfahrung habe ich ‘nur’ die letzten 30-40 Jahre erlebt. Geändert hat sich u.a. die Produktionspraxis. Zur Selbstverständlichkeit der intensivsten Konstruktion der Produktionen von Projektausarbeitung bis zur klanglichen Nachbearbeitung ist ein Hang zum Kleinteiligen hinzugekommen, der letztlich die Gefahr des Verlusts einer dramaturgischen Gestaltung von Musik birgt, die wir bei Audite absolut zu vermeiden versuchen.
Wie sind heute die Verkaufsquoten zwischen physischer CD, Download und Streaming? Wo verdient ein Label am besten?
Quoten sind nicht 1:1 vergleichbar, denn hinter physischen Verkäufen stehen viel höhere Aufwände als hinter Streams und Downloads. Wenn man das herausrechnet, bleibt die Reihung Streams, Downloads, physische Verkäufe. Für eine inhaltliche Durchdringung des redaktionellen Bereiches bleiben die physischen Verkäufe allerdings top-relevant!
Die schönste Erinnerung aus den letzten 50 Jahren?
Die musikalisch-persönlichen Momente in den Aufnahmesitzungen. Da gibt es hunderte Erinnerungen, die mich nicht verlassen werden.