Cédric Pescia hat mich bereits mit seinen Schumann-Aufnahmen durch sein präzises, überlegtes und technisch einwandfreies Spiel überzeugt. Nun stellt er sich mit dem ‘Wohltemperierten Klavier’ von Bach dem monumentalsten Werk der Klavierliteratur. Seine Gesamtaufnahme, die in zwei Sitzungen von je drei resp. vier Tagen stattfand, besticht durch Geradlinigkeit und Konsequenz, Vielleicht liegt es daran, dass Pescia während den Aufnahmen ohne Noten gespielt hat und deshalb die emotionale Kohärenz größer erscheint.
Der 42-jährige schweizerisch-französische Pianist bietet sicher keine Neudeutung des ‘Wohltemperierten Klaviers’, aber er macht sich auf die Suche nach Schönheit und Wahrhaftigkeit, einer Wahrhaftigkeit, die schwer zu beschreiben ist und eigentlich nur in der Musik von Bach in dieser Form existiert. Nun, der Pianist erreicht somit einen Gipfel der Interpretationskunst, der in Sachen Geschlossenheit und Schönheit ein wahrer Achttausender ist. Natürlich gibt es noch andere Achttausender, aber mit dieser Aufnahme hat Cédric Pescia eine absolute Referenz des ‘Wohltemperierten Klaviers’ vorgelegt, die ich nun sehr gerne in einem Atemzug mit meinen Lieblingsaufnahmen mit Svjatoslav Richter und Tatjana Nikolaeva nenne.