Die nach wenigen Jahren in Italien früh nach London gelangte Giulia Frasi wurde zur vielbeschäftigten führenden Sopranistin ihrer Zeit. Als Protagonistin der letzten Oratorien Händels erlebte sie dessen späte Jahre und damit den Hochbarock ebenso wie den Übergang zu neuen klassischen Zeiten. Davon zeugen Arien von Smith und Hayes. Die von ihr verkörperten Partien stellten oftmals Frauen in schwierigen menschlichen Situationen dar und erforderten neben der musikalischen Präsentation auch die Darstellung dieser teilweise bedrückenden Seelenzustände.
Hatte sie Händel zu vielen seiner Sopranarien inspiriert und später auch andere Komponisten, so sank ihr Stern später und sie zog sich zunächst weitgehend von der Bühne zurück, um verarmt zu sterben.
Die selbst die großen Bühnen erobernde Ruby Hughes hat sich zusammen mit dem Dirigenten Laurence Cummings auf die Spurensuche zu dieser großen Vorgängerin gemacht und eine Vielzahl von Belegen gefunden, von denen wir etliche auf dieser Aufnahme erleben dürfen. Dabei hat sie auch Entdeckungen von kleineren Werken Händels gemacht, die der Nachwelt kaum bekannt waren. Insofern wirft dieses Konzeptalbum ein neues Licht auf eine Epoche, aus der doch nichts mehr zu entdecken war, dachte vielleicht mancher. Einige Erstaufnahmen ergänzen dieses Bild.
Hughes hat ein barock gepflegtes Timbre mit angenehm geringem Vibrato und klarer Artikulation. Der Vielzahl der Charaktere begegnet sie mit jeweils angepasster Gestaltung. Dabei ist das ‘Orchestra of the Age of Enlightenment’ unter der Stabführung von Laurence Cummings ein sensibler und mitgehender Begleiter. Die Aufnahme hat die Beteiligten in ausgezeichneter Balance und Qualität abgemischt.
Eine Warnung sollte nicht fehlen: Wer beim Titel ‘Last Primadonna’ girlandige Koloraturen und jauchzend quirlige Musik erwartet, wird bitter enttäuscht. Darstellungen der Seele und bedachte wohlüberlegte Ausgestaltungen entsprechen den Stoffen von Oratorien und so ist auch diese Sammlung dezidiert ausgearbeitet und intensiv in der Vermittlung, aber eben nicht kapriziös. Das kann sich allerdings auch denken, wer die Protagonistin auf dem Titel mit Kröse ganz in Schwarz sieht.