Wie das richtige Leben und die Rezensententätigkeit manchmal zusammen kommen, konnte ich gerade bei dieser Besprechung feststellen. Nach einer vormittäglichen Wanderung im Éisleck, also dem Ösling bzw. den luxemburgischen Ardennen, die auch einige hundert Meter über einen seit Monaten unbenutzten Wegabschnitt durch mannshohes Pflanzendickicht führte, schlägt man jedes beliebige Beiheft zu den Violinsonaten von Beethoven auf und liest überall die Kritik zur Uraufführung, dass der „Rec. …sich … durch diese … mit seltsamen Schwierigkeiten überladenen Sonaten durchgearbeitet hat, … dass ihm … zu Muthe war, [wie] einem Menschen, … der durch einen anlockenden Wald zu lustwandeln gedachte und durch feindliche Verhaue … aufgehalten, endlich ermüdet und erschöpft … herauskam“.
Beethoven hat bei seinen Sonaten für Pianoforte und Violine das zuletzt von Mozart favorisierte Modell gleichberechtigter Partner weiterentwickelt. Zeigen die drei Sonaten Opus 12 auch noch die Verbindung zum Vorgänger auf, so können doch die Neuerungen nicht übersehen werden, als da sind eng gesetzte dynamische Kontraste, Akzentverschiebungen, überraschende Modulationen und rhythmische Stauungen. Für uns sind das heute Selbstverständlichkeiten, aber zu Beethovens Zeit waren es revolutionäre Ansätze, die das Publikum zunächst überforderten.
Diese drei Sonaten sind zufällig in zwei Interpretationen am gleichen Tag auf den Markt gekommen [siehe hier drunter unsere Rezension]. Diese Version hat als Besonderheit noch die Variationen über das Thema aus Mozarts ‘Le Nozze de Figaro’ als Einstieg. Dieses noch in Bonn begonnene und dann in Wien vollendete Werk wie auch andere frühere Kompositionen für diese Besetzung reicht qualitativ noch nicht an die Sonaten heran, aber es zeigt in charmanter Weise, woher Beethoven kam. Deshalb ist es reizvoll, dieses sonst kaum zu hörende Werk kennenzulernen.
Kamilla Schatz und Benjamin Engeli lesen diese Sonaten wie Beethoven, jedoch noch mit Mozart im Hinterkopf. Sie geben ihnen einen frischen Anstrich wie eine sonnenbeschienene Sommerblumenwiese im leichten Windhauch, auf der sich Insekten tummeln. Sie zeigen, dass wir heute nicht mehr das Dickicht durchdringen müssen, sondern uns unbeschwert an diesen Kompositionen delektieren können. Sie fließen wie ein murmelnder Bach mit kleinen Kaskaden und Ecken und Kurven, aber sauber und unbeschwert. Und das ist sehr gelungen und willkommen.
Beethoven’s first three sonatas for piano and violin could be considered as the antetype of Mozart’s late violin sonatas or as the beginning of something new. Schatz and Engeli choose the first way and present kind of a summer walk in the meadows, light and delightful.