Viele Musikliebhaber stehen Portrait-CDs meist misstrauisch gegenüber. Zu Recht, denn meistens handelt es sich um ein Werbeprodukt der jeweiligen Plattenfirma, die versucht, ihren Künstler mit bereits existierenden Katalog-Aufnahmen noch einmal ins beste Licht zu rücken. Dass dabei ein programmatischer wie interpretatorischer Leitfaden inexistent ist, scheint logisch. Ganz anders ist allerdings die Doppel-CD der Pianistin Andrea Kauten zu verstehen. Nicht die Plattenfirma Sony sondern die Künstlerin selbst hat hier Werke zusammengestellt und neu eingespielt, die ihr besonders am Herzen liegen. Bereits der dunkle Grundton der Sonate Nr. 14, der ‘Mondscheinsonate’ von Ludwig van Beethoven lässt aufhorchen. Hier ist eine Musikerin am Werk, der es wirklich um den emotionalen Gehalt, um die Botschaft der Musik geht. Dabei lässt Andrea Kauten sich nie von irgendwelchen Modeerscheinungen in Sachen Interpretation leiten; vielmehr spürt sie der Musik bis ins kleinste Detail nach.
Wie schon bei ihren anderen Einspielungen, insbesondere den hervorragenden List-CDs, ist Andrea Kautens Vorgehensweise ist sehr musikantisch, hier gibt es weder Anklänge an die historische Aufführungspraxis, noch kopflastige Ansätze oder plakative Effekte. Indem die Musik keinen vorgegebenen Klischees folgt, gewinnen Kautens Interpretationen an Eigenständigkeit und werfen einen sehr persönlichen, doch immer respektvollen Blick auf die Musik. Andrea Kauten stellt sich bewusst in die Dienste der Komponisten. Der Hörer erlebt über 140 Minuten intensivstes Musizieren. Der dunkle Grundduktus, der eine gewisse Trauer und Melancholie verströmt, zieht sich wie ein Leitfaden durch die Werke von Beethoven (Sonaten Nr. 14 & 8), Chopin (Sonate Nr. 2, Walzer, Fantasisie-Impromptu op. posth. 66), Liszt (Consolations, Liebestraum, Ungarische Rhapsodie Nr. 15), Schumann (Album für die Jugend/Auszüge) und Rachmaninoff (Moment musical, 2 Préludes). Das Beste auszumachen ist schwer. Kauten erweist sich eigentlich überall als eine überragende Interpretin. Bei jedem Werk trifft sie den richtigen Ton und ruft uns unweigerlich all die legendären Interpreten der Vergangenheit in Erinnerung, denen es vorrangig um die musikalische Botschaft und das emotionale Erleben ging: Gilels, Ney, Nikolaeva, Anda, Lipatti oder Kempff. Kein Zweifel, Andrea Kauten sieht sich als Erbe dieser großen Tradition, in der die musikalische Wahrheit oberstes Gebot war. Und diese Tradition führt Kauten hier würdig fort.
Sony selbst macht sich mit diesem Album allerdings selber Konkurrenz. Denn neben dem überragenden Chopin von Kauten sehen Sonnyboy Lang Langs unbeholfenen Interpretationsversuche der Werke des polnischen Meisters doch recht anspruchslos, sprich zweitklassig aus. Und deshalb sehen wir es als unsere Pflicht an, jedem Musikliebhaber diese Doppel-CD wärmstens ans Herz zu legen. Denn dies sind wirklich Aufnahmen für die Insel!
Andrea Kauten’s performances are technically flawless and emotional in a way to carry the composer’s message in the most credible way.