ERFRISCHENDER WIRBELWIND
Dynamisch, feurig und doch sehr subtil: so kann man diese CD mit Mendelssohns Klavierquartetten Nr. 1 & 3 wohl am besten beschreiben. Im Gegensatz zu vielen traditionellen und romantischen Interpretationen wirkt der Mendelssohn von Roberto Prosseda, Klavier, Gabriele Pieranunzi, Violine, Francesco Fiore, Bratsche, und Shana Downes, Cello, wie ein erfrischender Wirbelwind. Mendelssohn wird entstaubt, und man erkennt hier einen sehr modernen, ja manchmal etwas kantigen Komponisten, dessen Musik viel mehr zu zeigen hat als nur bloße Schönheit. Klare Strukturen, ein ausbalancierter Klang und ein sehr dynamisches und dialogfreudiges Spiel belegen auf überzeugende Weise, dass Mendelssohn sehr gut im 21. Jahrhundert angekommen ist (1 CD Decca 481 1214).

HOHE QUALITÄT
CD-Bru-schallerGradlinig und überzeugend: auch Gerhard Schallers Aufnahme der 6. Symphonie von Anton Bruckner ist rundum gelungen. Ohne in Extreme zu verfallen, liefert der Dirigent eine ebenso ausgewogene wie klangschöne Interpretation, der es nie an Innenspannung mangelt. Und dass Schallers Bruckner live aufgenommen ist, belegt das hohe Niveau der Philharmonie Festiva. Sicher, diese Brucknergesamteinspielung wird es neben den vielen starbesetzten Aufnahmen sehr schwer haben. Das sind nun mal die Gesetze des Klassikmarktes, ein Karajan, ein Jochum, ein Wand zählen immer noch mehr als ein Schaller. Trotzdem, die Qualität ist da, und das ist das Einzige, was uns an dieser Stelle interessiert (1 CD Profil PH14021).

LEICHTGEWICHTIG-LYRISCHER ‘OTELLO’
CD-Otello-NaxosGute ‘Otellos’ gibt es recht viele. Mit Robert Dean Smith haben wir hier einen sehr lyrischen, helltimbrierten Titelhelden, der zudem mit sehr viel Belcanto singt. Trotz dieses Stilgefühls und eines hervorragenden Gesangs kann er an die dramatischen Tenöre vom Schlage eines Vinay, del Monaco, Vickers oder Domingo nicht heranreichen, weil er einfach zu leichtgewichtig für diese Rolle ist und ihm jedes Gefühl von Zerrissenheit fehlt. Seine Partner Raffaella Angeletti als Desdemona und Sebastian Catana als Jago machen ihre Sache sehr gut, kommen aber ebenfalls nicht an ihre legendären Vorgänger heran. Friedrich Haider dirigiert umsichtig und recht spannend, die Oviedo Filharmonia überrascht mit einem tadellosen und sehr engagierten Spiel (2 CDs NAXOS 8.660357-58).

COOL, ABER EINSTUDIERT
CD-Bach-Imagine‘Bach Imagine’, so heisst die Erato-CD des jungen französischen Cembalisten Jean Rondeau, der sich alle nur erdenkliche Mühe gibt, um in seinem Debut-Album zu überzeugen. Technisch gelingt ihm das auch, allerdings wirkt sein Spiel so einstudiert, so kontrolliert, ja so neurotisch präzise, dass der Charme von Bachs Werken (Suite BWV 997, Chaconne, Concero italien BWV 971, Sonata BWV 964, u.a) nicht immer zur Geltung kommt. So cool, wie sich Rondeau auf dem Cover gibt, kommen seine Interpretationen leider nicht herüber. Das ist schade, denn bei dieser technischen Brillanz hätte dies eine herrliche Bach-CD werden können. Vielleicht dann beim nächsten Mal (1 CD Erato 825646 220090).

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