MELNIKOVS SCRIABIN BEI HARMONIA MUNDI
Wiederveröffentlichungen können wir nur selten etwas Platz einräumen, aber diese CD soll unbedingt erwähnt werden: Alexander Melnikovs erste CD für Harmonia Mundi, erstveröffentlicht im Mai 2006. Das tief empfundene Klavierspiel Melnikovs ist mit seinem delikaten Anschlag und seinem immer richtigen Atmen und Phrasieren der Musik Scriabins hundertprozentig angepasst. Melnikov kann ebenso eine mystische Atmosphäre beschwören wie auch zu hoch dramatisch getürmten Gipfeln stürmen. Dem Zuhörer lässt dieses Musizieren Raum, aus den eigenen Gedanken und Stimmungen auszubrechen und in Scriabins wundervolle Klang- und Geisteswelt einzudringen, von himmlisch bis satanisch (HMG 501914).
WALZER MIT DIRK JOERES
Und von einer weiteren Wiederveröffentlichung sei die Rede. Es ist eine CD, die 1996 bei uns die Supersonic-Auszeichnung bekam. Unter dem Titel ‘Walzer für Klavier’ spielt Dirk Joeres Schuberts ‘6 Deutsche Tänze’ und die ’12 Valses Nobles’, von Brahms 16 Walzer op. 39 und von Dvorak 8 Walzer op. 54. Die 42 kurzen Werke (die meisten dauern zwischen einer und zwei Minuten, das längste hat 4 Minuten und 29 Sekunden) bilden ein abwechslungsreiches Programm. Dirk Joeres bietet es uns mit einer Art romantischem Lyrismus an, in dem allerdings eine strenge Kontrolle der Ausdruckspalette und die Überlegenheit der Gestaltung jede Sentimentalität oder parfümiertes Plüsch vermeiden helfen (Héritage HTGCD 258).
WEGEN DER BONUS-DVD
Also, so richtig begeistern kann ich mich für die dünnflüssige 9. Symphonie Allan Pettersons nicht. Das 1970 entstandene Werk wird auf einer BIS-SACD vom ‘Norrköping Symphony Orchestra’ unter Christian Lindberg gespielt. Ich finde die Musik eher langweilig. Wenn hier dennoch von dieser Produktion die Rede ist, dann wegen des interessanten Films, der auf einer DVD dieser Veröffentlichung beiliegt. Der höchst aufschlussreiche und liebevoll gemachte Film über den schwedischen Komponisten wurde zwischen 1973 und 1878 für schwedische Fernsehen gedreht (BIS 2038).
KLANGREICHER DEBUSSY
Der junge japanische Pianist Kotaro Fukuma spielt ein eindrucksvolles Debussy-Programm auf einer neuen Hortus-CD (Reflets dans l’eau, Arabesques, Ondine, La cathédrale engloutie, Estampes, L’Isle Joyeuse usw.). Dass der Tonmeister glaubte, den wunderbar weichen Anschlag des Pianisten auf dem Steinway D von 1912 in ein halliges Klangbild kleiden zu müssen, ist schade, denn sonst hätten mir diese einfühlsame und klangreiche Interpretationen sehr gut gefallen (Hortus 113).
CLAVIERMUSIK AUS NÜRNBERG
Wenn Ralf Waldner auf der CD ‘Claviermusik aus Nürnberg – Tastenwerke Nürnberger Komponisten für Cembalo, Orgel, Clavichord und Regal’ auf diesem letztgenannten Instrument, einer tragbaren Kleinorgel aus dem 16. Jahrhundert, losschnarrt, hört man wohl zunächst etwas verdutzt hin. Danach wechselt er an die Orgel der Michaelskirche in Fürth, später aufs Cembalo und auch aufs Clavichord, so, dass dies dann ein abwechslungsreicher Parcours wird, der zudem einen Überblick über die Tastenmusik der freien Reichsstadt Nürnberg im Zeitraum von ca. 1600 bis 1750 gibt. Die Literatur reicht von kirchlichen Orgelwerken (Johann Pachelbel, Johann Philipp Krieger, Johann Erasmus Kindermann, Paul Hainlein) und Hausmusiken der Nürnberger Patrizierfamilen (Hans Leo Haßler, Johann Staden) bis hin zu eigenständigen Solowerken und Konzertstücken (Georg Caspar Wecker, Johann Krieger, Benedict Schultheiß, Johan Joachim Agrell). Ein wirkliches kleines Juwel alter Musik (Tyxart TXA 13037).
DAS MACHT KEINE FREUDE
Da bringt doch Nightingale Classics eine CD heraus, auf der Edita Gruberova Mozart-Arien singt. Im Textheft wird die Sängerin jedoch mit keinem Wort erwähnt, es geht darin nur um das Orchester ‘L’Arte del Mondo’ und dessen Dirigenten Werner Ehrhardt. Die heute 67-jährige Koloratursopranistin hätte man vielleicht besser ganz außen vor lassen sollen, denn Freude macht ihr Gesang nicht mehr. Spitz bis schrill, zerfetzt und unausgeglichen kann die Stimme ihr Alter nicht verbergen. Hin und wieder, aber wirklich nur hin und wieder, gelingt eine Phrase noch recht beachtlich, aber wer schönen Gesang mag, sollte um diese CD einen großen Bogen machen (NC0715602).
EGARR MIT HÄNDEL SUITEN
‘Handel: 8 Great Suites’ ist die neueste CD-Produktion des Barockspezialisten Richard Egarr bei Harmonia Mundi betitelt, und Richard Egarr wäre nicht der geniale Musiker, der er nun einmal ist, wenn er nicht die 1720 veröffentlichten Grossen Suiten – Händels erstes Set von Kompositionen für Tasteninstrumente, die er dem London Publikum vorführte – mit ebenso viel Virtuosität wie gestalterisch bedingter Ausdruckskraft gespielt, so dass die zugegebenermaßen nicht für jeden auf Dauer verdauliche Cembalo-Platte zu einem wahren Erlebnis wird (HMU907581/82).