ROSSINI-OUVERTÜREN, DIE LETZTE
Die ‘Prague Sinfonia Orchestra’ unter Christian Benda präsentiert die vierte und letzte CD aus ihrem Zyklus der kompletten Ouvertüren von Gioacchino Rossini. Und wiederum können wir nur das geschmackvolle und stilsichere Musizieren des Orchesters loben, das sowohl in den bekannten Stücken wie ‘Il Barbiere di Siviglia’ und ‘Il Turco in Italia’ als auch in den weniger populären Ouvertüren zu ‘Armida’, ‘Le comte Ory’, ‘Ricciardo e Zoraide’, ‘Torvaldo e Dorliska’ sowie ‘Bianca e Falliero’ beeindruckt. Benda gelingt es einmal mehr, ein inspiriertes, lebendiges Musizieren mit ausgewogener Klanglichkeit zu verbinden (Naxos 8572735).
CHARAKTERVOLLE STRAUSS-LIEDER
Christiane Karg und Malcolm Martineau haben eine sehr schöne CD für Richard Strauss’ 150. Geburtstag produziert. Die wohl timbrierte, silbrige Sopranstimme der Sängerin passt wunderbar zu diesem Repertoire. Mit ihrer textnahen und textverständlichen Gestaltung gelingt Karg eine sehr differenzierende Interpretation, die den jeweiligen Charakter der Lieder wunderbar herausarbeitet und durch die Delikatesse des Gesangs aber auch des Klavierspiels durchgehend die Aufmerksamkeit des Hörers aufrecht erhält (Berlin Classics 0300566BC).
FAURÉ-EDITION WEITERHIN AUF HOHEM NIVEAU
Die Fauré-Edition von Alpha wird mit den Violinsonaten Nr. 1 und 2 sowie einigen kleineren Stücken fortgesetzt. Der Pianist Eric Le Sage und der Geiger Daishin Kashimoto setzen neue Maßstäbe der Fauré-Interpretation mit einem überaus reichen und animierten Dialog, in dem scharfe Kontraste wie zarteste Nuancen für ein spannendes Musizieren sorgen. Eine echte Meisterleistung! (Alpha 604)
DIE LEIBOWITZ-EDITION
Divox hat ein Doppelalbum mit Musik des französischen Komponisten René Leibowitz (1913 –1972) und einer Dokumentation von 150 Seiten veröffentlicht. Darauf erklingen Schlüsselwerke aus den wichtigsten Phasen von Leibowitz’ kompositorischem Schaffen, und es sind auch eine Vielzahl von Gattungen vertreten, Melodrame, Kantaten und Klavierlieder – auf Texte von u.a. T. Tzara, M. Jacob, C. Einstein, G. Limbour, M. Leiris, R. Queneau, G. Bataille und P. Celan -, Vibraphon-Capricen, Klarinettenstücke, Klavierwerke und Kammermusik in diversen Besetzungen. Wenn es sich dabei um Wiederveröffentlichungen handelt, so ist die Aufnahme des Violinkonzerts mit dem Widmungsträger Ivry Gitlis eine Erstveröffentlichung des bei der Uraufführung entstandenen Mitschnitts. Am Pult des NDR-Sinfonieorchesters 1961 in Hannover stand der Komponist selbst, René Leibowitz.
Als Schlüsselfigur für die Verbreitung von Ästhetik und Technik der Zwölftonmusik in der europäischen Nachkriegsavantgarde hatte Leibowitz Schüler wie Pierre Boulez, Serge Nigg, Vinko Globokar, Mikis Theodorakis, Hans Werner Henze.
Leibowitz, der Sibelius als den schlechtesten Komponisten des Jahrhunderts bezeichnet und sich hemmungslos der Zwölftonmusik verschrieben hatte, wurde seinerseits zusammen mit seinem musikalischen Vater Schönberg von seinem Schüler Boulez aus dem Weg geräumt: « Schönberg ist tot », erklärte Boulez, und Leibowitz starb mit ihm, allerdings effektiver als Schönberg, dem Boulez letztlich nichts anhaben konnte. Erst seit wenigen Jahren steht Leibowitz wieder auf.
Dabei hatte das Musikerleben des in Warschau geborenen Leibowitz ganz populär begonnen. Er trat als Barpianist auf. Später, als er in Paris lebte, wurde er von Erich Kahn unterrichtet, dessen kompositorisches Werk ebenfalls in engem Zusammenhang mit der Schönberg-Schule und der Zwölftonmusik steht.
Den Krieg verbrachte Leibowitz teilweise in Südfrankreich, ab 1943 unter dem Decknamen René Hubert le Beau de Montalet als Widerstandskämpfer wiederum in Paris. Seit Ende der 1940er Jahre wirkte er als Lehrer bei den Kranichsteiner/Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik.
Die schillernde Vielfalt seiner Musik kommt auf den beiden Divox-CDs in exzellenten Aufführungen und nicht weniger hervorragenden Tonaufnahmen bestens zur Geltung, wobei besonders die Vokalkompositionen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
BRILLANT VIRTUOS UND SENSIBEL SENSUELL
Die Begeisterung, mit der der ghanaisch-deutsche Blockflötist Daniel Rothert sein Programm ‘Tesori di Napoli’ bei Hänssler Classic spielt, ist ansteckend: Gerade so brillant virtuos wie sensibel und sensuell zeigt er zusammen mit dem kongenial mitgestaltenden Cembalisten Luca Quintavalle, was alles an sprühender Musik in den spätbarocken Blockflötensonaten von Hasse, Leo, Fiorenza, Piani, Sarti, Federici, Telemann und Sammartini steckt, die auf der CD erklingen.
Die Musikaliensammlung des kunstliebenden österreichischen Diplomaten und neapolitanischen Vizekönigs Aloys Thomas Raimund bildete die Quelle für diese außergewöhnliche Zusammenstellung, in der sich auch etliche Ersteinspielungen befinden (98.028).