HAITINK MIT GUTEN STRAUSS-AUFNAHMEN
Das ‘London Philharmonic Orchestra’ präsentiert auf seinem Hauslabel Strauss-Aufnahmen unter Bernard Haitink aus den Jahren 1992 (Don Juan) und 1986 (Ein Heldenleben). Beide Konzertmitschnitte zeigen den Dirigenten wie auch das Orchester in Topform. Haitink differenziert die Partituren so gut, dass die Orchestertexturen in feinster Art zu Gehör gebracht werden. Und weil die Impulsübertragung zwischen dem Dirigenten und dem Orchester bestens funktioniert, wird auch der Hörer in den Musikfluss einbezogen (LPO-0079).

NACH ALTEN VORBILDERN
CD-SolveRaimondo di Sangro, Prinz von Sansevero (1710-1771) steht im Mittelpunkt einer nach alten Vorbildern komponierten Oper von Guido Morini (*1959), ‘Solve et Coagula’. Di Sangro, Militär, Erfinder, Dichter, Freimaurer und Alchemist ist besonders bekannt geworden durch die Restaurierung der Familienkapelle in Neapel, in der er mit zahlreichen Freimaurersymbolen eine Art Initiationsweg schuf, der den Rahmen abgibt für diese Oper. Ihr Titel ist eine Anspielung auf die alchemistische Schlüsselformel ‘Löse und verbinde’. Der Tenor Marco Beasly ist der Hauptinterpret des Musikstücks, das verschiedene Formen der alten italienischen Musik benutzt, ohne aber wirklich ‘hitverdächtig’ zu werden. Das Ganze klingt letztlich etwas forciert (Alpha 537).

HOPES HOLLYWOOD, VERRAT INKLUSIVE
CD-Escape to paradiseDaniel Hope in Hollywood: ‘Escape to Paradise’ heißt seine neue CD, die er mit dem ‘Royal Stockholm Philharmonic Orchestra’ unter Alexander Shelley aufgenommen hat, mit Filmmusik von Rozsa, Castelnuovo-Tedesco, Eisler, Waxman, Morricone, Williams und einigen anderen. Darin eingebettet befindet sich auch das Violinkonzert von Erich Korngold, und das ist ein Fehler. Zwar kann das Konzert auf diese Weise vielleicht populärer werden, aber es ist doch eine Abwertung, wenn es in diesen Rahmen gezwängt wird, mehr noch, wenn es dem Rahmen angepasst wird. Das ist mehr als ein Fehler, das ist Verrat. Hope und Shelley spielen das Werk als Filmmusik, und die Tontechnik, die die ganze CD, wie das bei Crossover-Produkten üblich ist, über den Kompressor gezogen hat, spielt mit und macht aus den drei sentimentalisierten, verniedlichten und versüßten Sätzen glamouröse Filmthemen (DG 479 2954).

ALLE HAYDN-SYMPHONIEN IN 18 JAHREN
cd-LA PASSIONE‘Il Giardino Armonico’ spielt unter Giovanni Antonini die Haydn-Symphonien Nr. 1, 39 und 49 (La Passione) sowie von Christoph Willibald Gluck ‘Don Juan ou le Festin de Pierre’. Es ist die erste CD einer Gesamtaufnahme der Haydn-Symphonien, die bis 2032, dem Jahr des 300. Geburtstags von Joseph Haydn fertig werden soll. Jetzt ist die erste CD des also auf 18 Jahre angelegten Projekts erschienen. Antoninis Haydn ist extrem flüssig, federleicht und trotzdem aussagekräftig, im Gluck-Ballett fasziniert er mit prallen Farben und seinem sehr aufs Visuelle angelegten Dirigieren (Alpha 670).

VIEL FLACHLAND
CD-VR-JanBR-Klassik bringt Giuseppe Verdis Requiem heraus, mit Krassimira Stoyanova, Marina Prudenskaja, Saimir Pirgu Orlin Anastassov sowie Chor & Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Mariss Jansons. Was im Konzert noch vielleicht gewirkt haben kann, zumal bei einem Publikum, das keine höchsten Ansprüche stellt, wie das leider heute vielerorts üblich ist, bekommt auf der Platte kaum Bedeutung, und die Aufnahme bleibt daher weit hinter den Referenzaufnahmen zurück. Zwischen Moment großer Zärtlichkeit – und Jansons versucht wirklich, die vielen Piano- und Pianissimo-Vorschriften zu realisieren – und solchen von packender Erregung gibt es leider viel Flachland, sprich Langeweile. Krassimira Stoyanovas wunderbare Sopranstimme kann das Quartett nicht vom Schiffbruch retten, denn die drei anderen Sänger sind Mittelmass und manchmal sehr approximativ. Zum anspruchsvollen Hören nicht geeignet (BR Klassik 900126).

FRANZÖSISCHE LIEDER
CD-voyageFür Ambronay hat die französische Mezzosopranistin Stéphanie d’Oustrac französische Lieder aufgenommen. Mit ihrer gut geführtem, samtweichen und hoch sensiblen Stimme erkundet sie ein Repertoire mit Stücken von Claude Debussy, Reynaldo Hahn sowie Henri Duparc. Farben und eine erstaunliche dynamische Bandbreite führen zu packenden Darstellungen. Ihr exzellenter Klavierpartner ist Pascal Jourdan (AMY042).

MANGEL AN RAFFINEMENT
CD-RadiomusikenDas Orchester der Staatsoperette Dresden unter Ernst Theis veröffentlicht bei cpo ein zweites Doppelalbum mit sogenannten Radiomusiken, also Kompositionen, die von Sendern bei zeitgenössischen Komponisten in Auftrag gegeben wurden. Tanz und Jazz stehen hier neben klassischen symphonischen Formen und avantgardistischen Neuerungen. Vol. 2 enthält Radio-Suiten und Ouvertüren von Franz Schreker, Ernst Toch, Eduard Künneke, Mischa Spoliansky, Max Butting und Walter Braunfels. Leider fehlt den Interpretationen das nötige Raffinement des Orchesterklangs. Insbesondere die Solisten des Orchesters bringen nicht genügend Gestaltungsphantasie ein, so dass das recht flüssige Spiel doch zu wenig rhetorisch und keck wird (cpo 777838-2).

 

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