BESTENS FUNKTIONIERENDE BEARBEITUNGEN
Herausragende Saxophonquartette gibt es etliche, und sie leben oft von Arrangements, deren Qualität vital für sie ist. Das Quartett ‘Clair Obscur’ hat sich solcher bestens funktionierender Bearbeitungen bedient, um eine spannende CD bei Solo Musica zu gestalten. Da gibt es zunächst eine sehr persönliche, wunderbar fein differenziert gestaltete Fassung von Gershwins ‘Rhapsody in Blue’ sowie eine im besten Sinne amüsante und streckenweise hoch virtuose Transkription des ‘Italienischen Konzerts’ von Johann Sebastian Bach. Es folgt eine milieugerechte Suite aus Kurt Weills ‘Dreigroschenoper’. Das 1938 entstandene ‘Andante et Scherzo’ von Eugène Bozza ist das einzige Originalwerk dieser CD. Ari Benjamin Meyers’ ‘Beckmann in New York’, im Original für Klavier & Altsaxophon, wurde für Quartett bearbeitet und für diese Produktion erstmals eingespielt. Eine etwas nervöse Version von Piazzollas ‘Libertango’ beendet die CD und gibt ihr einen eher abrupten Schluss. Da hätte man gerne zusätzlich noch etwas Besinnliches gehört… (Solo Musica SM 218).
KONZERTE FÜR KLARINETTE UND TROMPETE
Frühe romantische Konzerte für Klarinette und Trompete sind auf einer CD von Indésens zu hören. Philippe Cuper spielt zunächst die beiden Klarinettenkonzerte Nr. 1 op. 73 und Nr. 2 op. 74 sowie das Concertino op. 26 von Carl Maria von Weber. Auffallend ist hier der helle, strahlende und fein ziselierte, manchmal etwas durchdringende Klarinettenklang. Mit viel Klangfantasie und der für ihn sehr charakteristischen Technik spielt Eric Aubier danach Hummels Trompetenkonzert Es-Dur. Das ‘Orchestre Symphonique de Bretagne’ (Ltg. Claude Schnitzler & Vincent Barthe) begleitet akkurat. Die Tonaufnahme ist nicht besonders gut ausbalanciert und im hinteren Bereich etwas dumpf (Indésens 067).
WARMHERZIGE OBOENKLÄNGE
In betont beherzter und erfühlt freudiger Weise spielen Alfredo Bernardini und das Ensemble ‘Zefiro’ Oboenkonzerte von Albinoni, Bigaglia, Marcello, Platti, Sammartini und Vivaldi. Die teils hoch virtuosen, teils sehr lyrischen Interpretationen haben etwas unmittelbar Berührendes, nicht zuletzt durch den angenehm warmen und runden Klang, den Bernardini seinem Instrument entlockt, einer wunderbaren Oboe, die der italienische Instrumentenbauer Giovanni Maria Anciuti 1730 herstellte. Das Klangbild der Aufnahme ist direkt, kammermusikalisch nah, mit sattem Bassfundament, so, dass sich die Oboe vom Ensembleklang bestens abhebt (Arcana A380).
STIMMUNGSVOLLE HARFE
Mit einer Originalkomposition, der Harfenfantasie op. 35 von Louis Spohr, sowie Bearbeitungen von Themen aus Mozarts ‘Zauberflöte’ Respighis ‘La boutique fantasque’, Bellinis ‘Norma’, Prokofievs ‘Romeo & Julia’, de Fallas ‘La vida breve’, Tchaikovskys ‘Eugen Onegin’, Ravels ‘Pavane pour une infante défunte’ und Smetanas ‘Die Moldau’ hat Maria Graf, die Herbert von Karajan in den Sechzigerjahren als Solo-Harfenistin zu den Berliner Philharmonikern holte, ein Programm zusammengestellt, das es ihr erlaubt, ihre großartige Gestaltungskunst, ihr Klangempfinden und ihre Virtuosität in einem durch berückende Nuancen sehr poetischen Spiel unter Beweis zu stellen. Die stimmungsvollen, immer beseelten, ungemein filigran-transparenten Interpretationen wurden von der Tontechnik optimal eingefangen (Rondeau ROP 6093).
GOEBBELS UND ZAPPA
Aus einem 2010 aufgenommenen Konzert des Norwegischen Radioorchesters unter Thomas Søndergård kommen die Werke einer neuen, sehr speziellen, aber gerade deswegen interessanten CD von Lawo. Die erste Komposition stammt von Heiner Goebbels (*1952). Es ist die ‘Sampler Suite’ aus dem Orchesterwerk ‘Surrogate Cities’, einem anderthalbstündigen Werk, das die Junge Deutsche Philharmonie 1994 uraufführte. Die Konfrontation von musikalischen und nicht-musikalischen Klängen resultiert in einer erstaunlichen Klangvielfalt, die in der exzellenten, sehr präzisen Tonaufnahme den Hörer in eine spannungsvoll-mysteriöse Klangwelt entführen. Fünf kurze Orchesterstücke des amerikanischen Rockmusikers Frank Zappa (1940-1993) bilden den Rest des Programms, das seinen Titel von einem der Zappa-Stücke bekam. Die komplexe, rhythmisch sehr variable, vom Jazz beeinflusste und oft schräge Musik Zappas wird vom Norwegischen Radioorchester klanglich brillant dargeboten (Lawo LWCD 1063).
TROCKENER HUMOR
Müsste ich einen Vergleich zwischen Musik und Film aufstellen, würde ich die meisten Stücke des 1974 geborenen französischen Komponisten auf der CD ‘Balnéaire’ von Evidence Classics mit Filmen von Jacques Tati vergleichen. In Stücken wie ‘Sextuor mixte’, ‘Paqdouk Phantasticus,’ ‘Approching a City’ oder ‘Le Nouveau Balnéaire’ glaube ich den trockenen französischen Humor zu hören, wie ihn Tati zum Ausdruck brachte und wie man ihn auch bei Erik Satie findet. Die beiden Streichquartette ‘Toccata’ und ‘Erinnerung’ gehen mit ihrer klanglich stringenteren und auch modernen Tonsprache in eine ganz andere Richtung und beweisen, dass Lefrançois ein Komponist ist, der auch tief schürfende Musik schreiben kann. Die interessante Evidence-Komponistenmonographie wird vom ‘Quatuor Parisii’ und den Musikern Paul Meyer (Klarinette), Cyril Guillotin & Nima Sarkechik (Klavier), Magali Mosnier (Flöte), François Meyer (Oboe), Gilbert Audin (Fagott), Ria Ideta (Marimba) spannungsvoll gespielt. Die Tonaufnahmen sind klanglich hervorragend (EVCD005).