DRAMATIK UND SPIRITUELLE TIEFE
Profil legt die alte Einspielung des Mozart-Requiems durch Karl Richter wieder auf. Sie wurde zuvor auf anderen Labels veröffentlicht, aber wer sie damals verpasste, sollte sie sie nicht entgehen lassen. Die Aufnahme entstand im November 1961. Es singt der Münchener Bach-Chor, es spielt das Münchener Bach-Orchester. Mit Maria Stader, Hertha Töpper, John van Kestern und Karl Christian Kohn hatte Richter leider ein etwas unausgeglichenes und vokal auch nicht besonders gutes Quartett zur Verfügung. Richter geht das Requiem sehr dramatisch an und gibt der Musik auch die nötige spirituelle Tiefe. Herausragend ist der Chor, dessen Gesang sehr transparent und kräftig konturiert ist (Profil PH 15006).
ZEITGENÖSSISCHES FÜR VIOLINE UND CELLO
Bei ‘Composers Concordance Records’ gibt es eine interessante CD mit vornehmlich zeitgenössischer Musik für Violine und Cello, herausragend gespielt von Lynn Bechtold und Jennifer DeVore. Beide Musikerinnen zeigen insofern eine außergewöhnliche Musikalität, als sie sich den Stücken klanglich ungemein gut anzupassen wissen und in ihren Farben immer genau festlegen. Neben Stücken von Heitor Villa-Lobos und Alfred Schnittke sind die Komponisten Gene Pritsker, Dan Cooper, Milicia Paranosic und Lei Liang vertreten, der mit ‘Gobi Canticle’ das wohl faszinierendste Werk zum Programm beisteuert. Aber auch andere Werke wie Dan Coopers ‘Design-Duo’ und Milicia Paranosics ‘Zvrk’ sind in ihren klanglich experimentellen Mischungen recht spannend (ComCon0018, Naxos of America).
NORWEGISCHER MÄNNERCHOR
‘Something New’ nennt sich eine CD-Produktion des norwegischen Labels Lawo, auf welcher der 2009 gegründete ‘Christiania Mannskor’ neue norwegische Musik für Männerchor singt, Werke von Jon Mostad, Bjørn Kruse, Henrik Ødegaard, Kjell Habbestad, Wolfgang Plagge, Knut Nystedt, Carl-Andreas Næss und Kjell Mørk, mit Texten u.a von William Shakespeare, Rolf Jacobsen und Henrik Ibsen. Die Lieder sind von sehr unterschiedlichem Stil, von gregorianisch inspiriert über traditionell bis hin zu avantgardistisch. Männerchorgesang ist nicht jedermanns Sache. Er gilt bei vielen als nicht besonders ‘natürlich’, eine Meinung, zu der viele Chöre mit albernen Interpretationen das ihre beigetragen haben. Umso erfreulicher ist diese CD, auf welcher der mit Kraft und metallischem Glanz singende ‘Christiana Mannskor’ in guten Interpretationen mit viel klanglicher Differenzierungsfähigkeit beeindruckt (Lawo LWC1076).
IN SAVALLS FUSSSTAPFEN
Die CD ‘Aashenayi’ von Ambronay spiegelt die vielfältige Beziehung zwischen Orient und Okzident in der alten Musik wieder. Das international besetzte Ensemble ‘Canticum Novum’ bewegt sich damit auf dem Terrain, das bisher vor allem Jordi Savall mit ‘Hesperion XXI’ mit größter Expertise besetzt hatte. Auch wenn die Ambronay-CD im Großen und Ganzen gefällt, scheint sie mir nicht ganz den Schliff und auch nicht die historisch begründete Tiefe zu haben, wie die Savall-Interpretationen, deren humanistische Dimension einen großen Teil ihres Reizes ausmachen (AMX043).
MUSIC FOR 18
Harmonia Mundi veröffentlicht die vormals bei Canteloupe erschienene und viel gepriesene Aufnahme von Steve Reichs ‘Music for 18 musicians’ durch das New Yorker ‘Ensemble Signal’. Diese Einspielung von 2011 gilt heute als eine der spannendsten Interpretationen der bahnbrechenden Komposition des Minimalisten Reich (HMU907608).