MIT NUR EINER HAND, DER LINKEN
In der 5. Folge von Klavierwerken für die linke Hand (Oeuvres pour la main gauche) bei Ad Vitam Records spielt der französische Pianist Maxime Zecchini
Transkriptionen von Paul Wittgenstein, einem amerikanischen Pianisten österreichischer Herkunft, der trotz des Verlustes seines rechten Armes als Folge einer Kriegsverletzung seine Karriere fortsetzte. Mit diesen Bearbeitungen von Gounods ‘Ave Maria’, Liszts ‘Rêve d’amour’, Chopins Walzer op. 64 Nr. 2, Schumanns ‘Rêverie’ und anderen Stücken zeigt Wittgenstein meisterhaft, was man alles aus vorgegebenen Werken mit nur einer Hand herausholen kann. Zecchinis Interpretationen sind feinfühlig und kultiviert (AV 150215).

ERINNERUNGEN AN HOFFNUNG
CD-Aquarium‘Aquarium’ nennt sich eine CD von 1001 Notes, so benannt nach einer Paraphrase über das Stück von Camille Saint-Saëns, das Teil eines Programms ist, welches der französische Pianist und Klangkünstler Aurélien Terrade unter seinem Pseudonym Artuan de Lierrée herausgebracht hat. Von Prokofiev über Tchaikovsky, Ravel, Poulenc, Bartok und Satie bis hin zu Couperin hat Artuan die Musik ‘aktualisiert’, wie er sich ausdrückt. Vor allem aber sind ihm einige Kabinettstücke gelungen, die an die Qualität der musikalischen Paraphrasen von Gerard Hoffnung heranreichen. Wie Terrade die Musik manchmal de- und rekonstruiert ist von entwaffnender Originalität und verleitet, wenn nicht zum Lachen, so ganz sichern zum Schmunzeln (1001 Notes #06).

NICHTS GEGEN PHANTASIE, ABER…
cd-viv-quattro-stockfischWeniger wäre mehr gewesen. In ihrem extremen Darstellungsdrang nehmen die Musiker des Barockorchesters ‘La Folia’ Vivaldis Jahreszeiten doch viel von ihrem Charme. Mir scheint, als hätten sie oder/und der Tonmeister des Komponisten programmliche Angaben etwas überspitzt formuliert, bis hin zu purer Effekthascherei, ohne die die Musik sehr gut ausgekommen wäre. Nichts gegen Phantasie, aber wenn Vivaldi so drangsaliert wird, kommt es zu Schäden, und ich finde, diese Musik sollte eigentlich schön klingen und nicht ruppig. Das ist aber für meinen Geschmack hier streckenweise der Fall. Jedoch: De gustibus non est disputandum, was mir nicht gefällt, mögen andere Ohren gerade wegen der rauen Art von ‘La Folia’ vielleicht mögen. Die Musiker scheinen jedenfalls aus ihren Instrumenten viele Effekte hervorlocken zu können (Stockfisch-Records SFR357.4086.2).

SCHILLERNDE FARBEN
cd-isa2Die dritte CD mit Streichquartetten (Nr. 1 u. 5) sowie der Violinsonate op. 25 des baskischen, aber in Berlin ausgebildeten Komponisten Andrés Isasi bestätigt die viele guten Impressionen, die wir in den zwei ersten CD’s https://www.pizzicato.lu/baske-mit-deutsch-klingender-musik/gewinnen konnten. Das ‘Isasi Quartet’ spielt die Quartette wiederum sehr souverän und ausdrucksvoll, wobei das schillernde Farbenspiel den ‘deutsch-romantischen’ Grundcharakter angenehm relativiert und sie charaktervoll werden lässt (Naxos 8.572462).

FRAGEN ZUM EWIGEN LICHT
CD-Rih-Et-LuxWolfgang Rihms einsätziges Requiem ‘Et Lux’ für Vokalisten und Streichquartett ist ein Werk, das Fragmente aus dem lateinischen Requiem-Text in introspektiver Weise in eine Musik bringt, die keinen Zorn ausdrückt, sondern die Suche nach Ruhe und Licht in den Mittelpunkt stellt. Die stimmungsvolle Ersteinspielung der 2009 uraufgeführten Komposition ist nun bei ECM herausgekommen. Vom zentralen Satz « et lux perpetua luceat » (und das ewige Licht leuchte ihnen), hofft Rihm selber, dass die « sowohl tröstlichen als auch tief beunruhigenden Schichten dieser Worte vielleicht spürbar [werden]. » Gerade dieses Beunruhigende, das Fragende kommt in der vorliegenden, spannungsvollen Aufnahme mit dem ‘Huelgas Ensemble’ und dem ‘Minguet Quartett’ unter der Leitung von Paul van Nevel zwingend zum Ausdruck (ECM 4811585).

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