Bei Antes Edition ist eine an sich sehr interessante Grieg-CD herausgekommen, auf der Ola Rudner an der Spitze der Württembergischen Philharmonie Reutlingen sehr persönliche, sehr gefühlvolle und außerordentlich expressive Interpretationen der ‘Peer Gynt’-Suiten und von ‘Aus Holbergs Zeit’ dirigiert, manchmal meditativ-melancholisch (Ases Tod), hin und wieder sehr langsam (Brautraub, Mittelteil), genau so oft aber auch rhythmisch eigenwillig betont (Anitras Tanz) und explosiv-dramatisch (Brautraub, Anfang und Ende). Zuzüglich erklingt noch die kurze Pastoral-Suite von Lars-Erik Larsson. Auch wenn das Orchester nicht zu den besten zu zählen ist, geben sich die Reutlinger Musiker doch sehr viel Mühe, um Rudners sehr eigene und daher attraktive Vorstellungen der Musik umzusetzen (BMS 319288).
Der aserbaidschanische Shostakovich-Schüler Kara Karayev (1918-1982) hat bei seinem Lehrer zweifellos gelernt, gut und farbig zu orchestrieren. Seine ziemlich exotische Musik klingt großartig. In den beiden Ballettsuiten ‘Die sieben Schönheiten’ und ‘Auf dem Donnerpfad’ bringt er Volksmusik seiner Heimat in Einklang mit seinem Talent, großen dramatischen Strukturen Klang zu verleihen. ‘Die Sieben Schönheiten’ ist ein Ballett von 1952 und handelt von einem korrupten Herrscher und seinem unterdrückten Volk. Wie in Tchaikovskys ‘Nussknacker’ finden sich hier Tänze ganz verschiedener Stile (indisch, slawisch, maghrebinisch, chinesisch…) und entsprechend farbig ist die Musik. In ‘Auf dem Donnerpfad’ (1958) geht es um die Liebe einer weißen Frau und eines schwarzen Mannes in Südafrika. Straffe Rhythmen und ganz lyrisch-verträumte Szenen wechseln sich ab. Dmitry Yablonsky dirigiert das ‘Royal Philharmonic’ in zwei opulenten Aufnahmen, die unbeschwerte und klanglich ungemein reizvolle Musikunterhaltung garantieren (Naxos 8.573122).
Harmonia Mundi porträtiert den US-amerikanischen Komponisten Kevin Puts (*1972) mit einer CD, auf der neben den Chorwerken ‘If I Were a Swan’ und ‘To Touch the Sky’ auch seine Vierte Symphonie (From Mission San Juan) zu hören ist. Das Vokalensemble Conspirare unter der Leitung von Craig Hella Johnson begeistert mit sehr sorgfältigen, klanglich raffinierten und hoch sensiblen Interpretationen der Chorwerke, und Marin Alsop leitet die 2007 von ihr uraufgeführte Symphonie an der Spitze des ‘Baltimore Symphony Orchestra’, das deren neoromantische und stimmungsvolle, um nicht zu sagen klangmalerische Sprache sehr ausdrucksvoll umsetzt (HMU 907580).
« In 1989 I was awarded the Royal Philharmonic Society’s Julius Isserlis Scholarship, but was at the time unaware of any Isserlis compositions. It was only several years later, having become friends with the composer’s grandson Steven Isserlis, that I came across some of his piano works in a filing box at Steven’s house ». So erklärt der Pianist Sam Haywood die Genesis seiner Isserlis-CD bei Hyperion, auf der er ein abwechslungsreiches Programm mit 27 kurzen Stücken zusammengestellt hat. Der in Moldawien (damals russisch) geborene Julius Isserlis (1888-1968) flüchtete zuerst vor den Bolschewiken, dann – als er in Wien lebte – vor den Nazis und etablierte sich schließlich in London. Seine Klavierminiaturen sind in der Nachfolge von Chopin zu sehen, mit einem Touch Impressionismus. Sam Haywood spielt sie liebevoll und gibt ihnen Ausdruckskraft und Charme. Die CD bietet Musik für eine wohlige Stunde am Kamin… (CDA68025).
Das aus Essen/Deutschland stammende Duo Wassily & Nicolai Gerassimez gewann 2012 den 1. Preis des Deutschen Musikwettbewerbs. Auf einer mit ‘Free Fall’ betitelten CD von Genuin spielen die beiden Werke für Cello und Klavier von Felix Mendelssohn Bartholdy (2. Sonate), Dmitri Shostakovich (Cellosonate op. 40), Wassily Gerassimez (Cello Blues; Transition) und Fazil Say (Paganini Variationen). Während in Mendelssohns Sonate das Klavier dominiert, spielt das Cello in der Shostakovich-Sonate ganz klar die Hauptrolle in einem angeregten Dialog. Die beiden Brüder tauchen tief in die Musik ein, unprätentiös und völlig natürlich. Ganz nett sind auch die beiden Stücke des Cellisten, und in Fazil Says Paganini Variationen beeindruckt Nicolai mit einer sehr singenden Interpretation, die sich deutlich von des Komponisten eigenem Interpretieren abhebt. Eine sicherlich interessante CD, die mit ihrem gemischten Programm für Hör-Abwechslung sorgt (GEN 14304).