Musik von Pisendels Nachfolger
Francesco Maria Catteneo wird, nachdem er schon viele Jahre dort war, 1756 mit beinahe 60 als Nachfolger von Pisendel Konzertmeister der Hofkapelle. Als brillanter Virtuose, mit einem königlichen Gönner und gut vernetzt, konnte er diesen späten Erfolg aber nur zwei Jahre genießen. Alle fünf eingespielten Konzerte sind für die Violine, das in D-Dur zusätzlich für ein Solofagott geschrieben. Mit Anklängen an Vivaldi ebenso wie an Hasse stehen die Werke in ihrer Zeit. Besonderheiten ergeben sich daraus, dass Catteneo für sich und seine extrem virtuose linke Hand schrieb und bei üblichem Satzgefüge individuell instrumentierte. Anton Steck und L’Arpa festante erwecken diese Musik mit großem Ausdruck und der erforderlichen technischen Gestaltungskraft in diesen Ersteinspielungen glanzvoll zum Leben. Weitere Entdeckungen anonymer Herkunft aus dem Archiv in Dresden werden in Form einer Ouvertüre und von zwei Sinfonien eingestreut. (Accent ACC 24364) – ♪♪♪♪♪
Trotz des Fadens keinen Halt gefunden
Viele Werke beschäftigen sich mit Ariadne und dem Schicksal der verlassenen Frau. Drei Kantaten von A. Scarlatti, Händel und Haydn unter dem Titel Arianne haben Kate Lindsey und Arcangelo mit Jonathan Cohen zusammengefasst. Vom Glück der Liebenden bis zur Wut der Verlassenen bieten die Werke eine Breite an darzustellenden Emotionen an, die sowohl dem Gesang als auch der Instrumentation zuordnet werden. Die einfacher gesetzte Kantate von Haydn wurde in der Orchestrierung seines Schülers Sigismund Neukomm eingespielt, die abweichend vom Üblichen die Klarinette statt der Oboe in den Mittelpunkt stellt. Während die Ariadne verlassen wird und damit haltlos ist, überzeugt die Darstellung der drei Werke. Ist die Stimme von Kate Lindsey bei Scarlatti noch etwas schroff, was man natürlich auch als Stimmungsdarstellung hören kann, kann sie Stimmungen und Ausdruckweisen werkgerecht steuern. Das Instrumentalensemble unter Jonathan Cohen legt zu seinem zehnjährigen Bestehen eine famose Begleitung hin, die von Lebendigkeit sprüht und mit aufmerksamer Begleitung der Sängerin überzeugt. (Alpha Classics 576) – ♪♪♪♪
Hommage an das Goldene Zeitalter der Violine
Die als neugierig und energiegeladen charakterisierte Geigerin Marina Chiche und ihr Duo Partner Aurélien Portier am Klavier durchwandern die Charakterstücke für Violine und Piano, die mit den großen Namen wie Heifetz, Kreisler und Oistrakh verbunden, die ja auch selber komponierten bzw. arrangierten. Dass die Interpreten sich mit diesen unter dem Titel Post-scriptum zusammengefügten Werken wohlfühlen, erkennt man unschwer daran, dass sie die durch und durch bekannten Werke mit viel Elan, Energie und großer Geste angehen. Die 18 Miniaturen werden kräftig im Saft gereicht. (NoMadMusic NMM 072) -♪♪♪♪
Vergessener Virtuose mit eigenen Kompositionen
Der englische Klaviervirtuose, Komponist und Verleger Henry Charles Litolff wurde als Pianist mit Liszt und Vieuxtemps (des Klaviers) verglichen, was seine herausragenden Fähigkeiten auf dem Gebiet unterstreicht. Als Komponist ist er ins Abseits gerutscht, obwohl seine Werke persönlichen Charme und handwerkliches Geschick zeigen. Die vorgelegten beiden Klaviertrios zeigen ihn als Kammermusiker. Stilistisch nahe bei Alkan, Mendelssohn und Schumann, biete die Aufnahme Werke, die intensives Eintauchen der Interpreten erfordern und einen kaum einmal atmen lässt. Von wenigen Augenblicken gedeckter Stimmung abgesehen ist diese Musik fröhlich treibend angelegt. Die kurze Serenade für Violine und Klavier ist von liedhafter Machart und zugänglicher Natur. Das Leonore Piano Trio unterstreicht den Charakter der Werke mit intensivem energiestrotzendem Zugriff, der zusätzlich durch die direkte Aufnahme den Hörer mitten ins Geschehen drängt, wo er sich dem nicht mehr entziehen kann. (Hyperion CDA68305) – ♪♪♪♪
Schleier aus schwerem Damast
Der viele Jahre in Berlin und Budapest tätige Komponist Ernö Dohnanyi hat, damals zeitüblich, die Musik zu der Pantomime ‘Der Schleier der Pierrette’ von Arthur Schnitzler geschrieben. Mit dieser Form versuchte man, Wege abseits des klassischen Balletts zu ebnen. Dass die Handlung um einen misslungenen Doppelselbstmord von Pierrot und Pierrette, die Hochzeit mit dem falschen Bräutigam Arlecchino und das anschließende Sterben der Pierrette aus Trauer ein gefühlsbeladenes Sujet ist, wird nicht nur in der unter Betonung der tiefen Instrumente gesetzten Musik deutlich. Vielmehr fängt auch die Aufnahme des RSO Wien unter Leitung von Ariane Matiakhi das Gespielte wie hinter einem dicken Vorhang aus Damast noch betonter dunkel und vertopft ein, so dass die Brillanz der Musik leider nicht so deutlich wird. (Capriccio C5388) – ♪♪♪