Bildluxus und Klangkatastrophe: Die 2012 in der Arena von Verona mitgeschnittene Aufführung von Verdis ‘Aida’ präsentiert diese Oper in der Opulenz der Arenen-Originalinszenierung von 1913. Alle Kostüme, die Regieführung und alle Bühnenbilder gleichen denen der historischen Produktion. 200 Statisten, 164 Chormitglieder, 60 Mitglieder des Ballettes, 14 Kinder und 35 kostümierte Musiker wirken neben den Solisten und dem Orchester mit. So weit, so gut. Wären da nur nicht die schrecklichen Sänger (Marco Berti als Radames, Hui He als Aida, Andrea Ulbrich als Amneris, …). Mit Daniel Orens etwas zu rapidem und daher oft Verwacklungen bewirkendem Dirigat könnte man ja noch leben, aber mit den vielen falschen Noten, Bauchschmerzen hervorrufenden Intonationsproblemen und anderen gesangstechnischen Problem ist diese ‘Aida’ wirklich eine Qual fürs Ohr (Opus Arte OABD7122D). – RéF
Von zwei ‘historischen’ DVDs soll jetzt die Rede sein: Beide stammen vom ‘Münchner Klaviersommer’. Die erste, von 1982, präsentiert ‘Martha Argerich & Friends’, und diese Freunde sind Nelson Freire, einer der besten Argerich-Komplizen, Nicolas Economou und Cellist Misha Maisky. Die bescheidene Bildqualität kann das musikalische Erlebnis nicht beeinträchtigen. Argerich und Freunde musizieren mit dem Einsatz all ihrer gestalterischen Kräfte (Arthaus Musik 101 671). Die zweite Videodisc enthält Aufnahmen von 1986, und die sind ebenfalls recht bescheiden, was das Bild anbelangt. Schlimmer ist es freilich um die Tonaufnahme bestellt, welche die Philharmonie am Gasteig in eine Kirche verwandelt, so hallig klingt die Musik (Mozarts Konzerte Nr. 20 KV 466 und 26 KV 537). Aber auch hier entlohnt uns letztlich der geniale Gulda mit seinem inspirierten Musizieren und seinem Dirigieren, das die eher skeptisch dreinschauenden Münchner Philharmoniker dennoch zu einem einigermaßen vitalen Spiel anregt.(Arthaus Musik 101 673). – RéF
Die Open Air-Darbietung von Bizets Carmen durch die Opera Australia hinterlässt keinen zufriedenstellenden Eindruck. Brian Castles Onion dirigiert vieles ganz einfach zu schnell, so, dass Sänger kaum noch mitkommen. Wenn Dmytro Popov und Rinat Shaham, Don José und Carmen, noch einigermaßen korrekt singen, so ist Andrew Jones ein grässlich singender (oder eher: schreiender) Escamillo. Die Inszenierung ist recht geschmacklos. Gale Edwards scheint es nur um das Aufzeigen des Sexualtriebs bei den Mädchen der Zigarettenfabrik wie bei den Soldaten zu gehen… (Opera Australia OPOZ56043BD). – RéF
Tchaikovskys letzte Oper, ‘Iolanta’, die des Komponisten intimste Gedanken in der Lebensgeschichte der blinden Titelfigur zum Ausdruck bringt, ist mit Stravinskys ‘Perséphone’ (nach André Gide) insofern verbunden, als beide Werke sich um die Thematik ‘von der Dunkelheit zum Licht’ drehen. In dieser Inszenierung des ‘Teatro Real’ zeigt Peter Sellars diese Verbundenheit, indem er ein einziges Bühnenbild verwendet, ein sehr einfaches dazu, graphisch sozusagen, vor einem in wechselnden Farben beleuchteten Hintergrund. So kann die Thematik gut verdeutlicht werden, auch wenn die minimalistische Bühne irritieren kann. Die meisten Gesangsrollen sind vorzüglich besetzt, und das gilt insbesondere für die Iolanta, die in Ekaterina Scherbachenko eine Interpretin hat, die durch eine besonders reine, schöne und graziöse Stimme auffällt. In der Rolle des Vaudémont stößt der Ténor Pavel Cernoch jedoch deutlich an seine Grenzen. In ‘Perséphone’ singt Paul Groves einen beispielhaften Eumolpe, während Dominique Blanc in der Titelrolle einen sehr guten Eindruck hinterlässt. Chor und Orchester des ‘Teatro Real’ aus Madrid sind tadellos unter dem engagierten Dirigenten Theodor Currentzis. Die Bildführung stört mit zu vielen Nahaufnahmen, die Sellars symbolträchtiges Farbenspiel auf der Bühne nur bedingt wiedergeben können (DVD Teatro Real TR97011DVD). – MaR
Einer stimmlich grausam schlechten ‘Madama Butterfly’ von Opera Australia (OPOZ56038dVD) wollen wir keine weiteren Zeilen opfern. – RéF
Idéale Audience veröffentlicht einen Live-Mitschnitt des Verdi-Requiems von 1964, der weit mehr ist als nur ein historisches Dokument für Sammler. Der Dirigent der von der BBC in der Royal Festival Hall gefilmten Aufführung ist Carlo Maria Giulini, und er ist es, der diesen Film (mit den Solisten Ilva Ligabue, Grace Bumbry, Sandor Konya & Raffaele Arie) zum Erlebnis werden lässt. Bei aller Defizienz von Bild- und Tonqualität bei allen Mängeln im Spiel des ‘Philharmonia Orchestra’ ist es die zwingende Leitung Giulinis, die Spontaneität seiner Interpretation, seine Fähigkeit, die Architektur des Werkes klar zu machen, die wirklich faszinieren. Giulini weiß immer zum richtigen Zeitpunkt das Element wichtig werden zu lassen, das wichtig ist. Und so lebt dieses Requiem von der Herausarbeitung scharfer Ausdrucksakzente und von den daraus entstehenden Kontrasten (3079968) – RéF