Im Umfeld einer sich umwälzenden Welt in sozialer, politischer und militärischer Hinsicht vor gut einem Jahrhundert entstanden die hier vier vorgestellten vier Sonaten. Dabei haben die Komponisten ganz unterschiedliche Antworten gefunden.
Vom ‘bad boy of music’ George Antheil stammt die einsätzige zweite Sonate, die er noch vor dem Ersten Weltkrieg schrieb. In diesem Werk hat er alle Errungenschaften der barbarischen Musik jener Zeit zu einer Leinwand, wie sie den Kubismus kennzeichnet, vereint. Janaceks Sonate ist im traditionsbehafteten Medium avantgardistisch. Im letzten Satz symbolisiert das wiederkehrende Eröffnungsthema mit den Klaviertremoli den ersten Einmarsch der russischen Armee in Ungarn im Jahre 1914.
Debussy schuf seine Sonate im Gedanken, eine vom Ideal des 18. Jahrhunderts ausgehende, genuin französische Musiksprache zu formen. Ganz klassisch in vier Sätzen präsentiert sich das Werk von Schulhoff, die gleichwohl auf der Suche nach einer der Zeit angemessenen Musiksprache, die Hörerwartungen herausfordert.
Die Interpreten, die Geigerin Friederike Starkloff und der Pianist Endri Nini bieten diese vier Werke genauso divers im Ausdruck an, wie sie sind. Klingen bei Debussy von Eindrücken von der Natur geprägte Ideen durch, so wird die Sonate von Antheil mit ihren kurzen, witzigen, auch irritierenden Passagen zum quirligen Gegenpol. Wohingegen sie dem Werk von Janacek auch die subjektive Seite seiner privaten Lebensumstände bei der Komposition mit auf den Weg geben. Auch Schulhoffs Ideen bringen sie mit ihrem bewusst und gekonnt ausreizendem Spiel so zu Gehör, dass man die Frische der Musik immer noch spüren kann.
Fortschrittsglaube und Kritik daran waren in der Entstehungszeit der Werke für diese prägend. Die Interpretationen von Starkloff und Nini zeigen die Stücke mit dem aufregenden Gestus, der ihnen innewohnt.
Friederike Starkloff kann sich bei der Formulierung musikalischer Linien auf die Sicherheit und Ausdrucksstärke verlassen, die sie als Konzertmeisterin in Basel zeigt. Doch auch als Kammermusikerin hat sie Meriten erworben, so dass sie hier ihren Stil kammermusikalisch auszuprägen versteht.
Endri Nini ist ein erfahrener Kammermusiker, der sich als Partner der Geigerin sowohl anpasst wie auch selber die Gestaltung der Werke prägt. Insofern ergänzt er von seiner Seite die Interpretationen nachhaltig.
The four sonatas presented here were composed a good century ago in a world of social, political and military changes. The composers found very different answers.
The bad boy of music George Antheil wrote the one-movement second sonata before the First World War. In this work, he combined all the achievements of the barbaric music of the time into a canvas that characterizes Cubism. Janacek’s sonata is avant-garde in the traditional medium. In the last movement, the recurring opening theme with the piano tremolos symbolizes the first invasion of Hungary by the Russian army in 1914.
Debussy created his sonata as an attempt to form a genuinely French musical language based on the ideal of the 18th century. Schulhoff’s work is presented in four movements in a very classical style, yet in search of a musical language appropriate to the time, challenging listeners’ expectations.
The performers, violinist Friederike Starkloff and pianist Endri Nini, offer these four works as diverse in expression as they are. While Debussy’s ideas are characterized by impressions of nature, Antheil’s sonata with its short, witty, even irritating passages becomes a lively antithesis. On the other hand, Janacek’s work also incorporates the subjective side of his private life in the composition. They also bring Schulhoff’s ideas to life with their deliberate and skillful playing in such a way that you can still feel the freshness of the music.
A belief in progress and criticism of it were formative for these works at the time they were written. Starkloff and Nini’s interpretations present the pieces with the exciting gesture inherent in them.
When formulating musical lines, Friederike Starkloff can rely on the confidence and expressiveness she displays as concertmaster in Basel. But she has also acquired merits as a chamber musician, so that she knows how to express her style in a chamber music manner here.
Endri Nini is an experienced chamber musician who, as a partner to the violinist, both adapts and shapes the interpretation of the works himself. In this respect, he provides a lasting complement to the interpretations.