Nach 265 Jahren ist das bedeutendste Zeugnis der Bach-Ikonografie, das Bach-Portrait des Leipziger Kunstmalers Elias Gottlob Haußmann aus dem Jahr 1748, auf dem Weg zurück nach Leipzig. Der amerikanische Philantroph Dr. William H. Scheide hatte an seinem 100. Geburtstag das Bach-Archiv Leipzig zum Erben dieses bedeutenden Schatzes seiner Sammlung bestimmt. Aus Anlass der Eröffnung des Bachfestes Leipzig präsentiert Gardiner das Gemälde am 12. Juni in Leipzig erstmals der Öffentlichkeit, bevor es dauerhaft im Bach- Museum Leipzig gezeigt wird. Das Haußmann- Portrait ist das einzige authentische, nach dem Leben gemalte Bildnis Johann Sebastian Bachs.
Der Präsident des Bach-Archivs Leipzig, Sir John Eliot Gardiner, wuchs im Angesicht dieses Bildes auf: « Das berühmte Haußmann-Gemälde wurde von seinem damaligen Eigentümer Walter Jenke, einem deutsch-jüdischen Flüchtling, meinem Vater über die Dauer des zweiten Weltkrieges anvertraut. In meiner Kindheit bin ich jeden Tag mehrfach an dem Bild vorbei gekommen. Das war genau die Zeit, in der ich die Bach Motetten auswendig singen lernte. Es ist für mich ergreifend und es fühlt sich so richtig an mitzuerleben, dass das Bild nach über 60 Jahren sein bisheriges Zuhause verlässt und aus dem Wohnzimmer des kürzlich verstorbenen, bedeutenden Bach- Forschers und großen Philanthropen William Scheide zurück nach Leipzig kommt. » Der Bach-Forscher und -Sammler William H. Scheide aus Princeton/New Jersey hatte das Bild 1952 bei einer Auktion erworben.
Das Bild zeigt Johann Sebastian Bach im Alter von etwa 60 Jahren in förmlicher Pose. In der rechten Hand hält der Abgebildete ein Blatt mit dem ‘Canon triplex à 6 Voc: per J. S. Bach’ als Hinweis auf die raffinierte Beherrschung seines Handwerks. Haußmann fertigte das Portrait in zwei Exemplaren. Eines davon ist seit 1913 im Bach-Zimmer des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig zu sehen. Von 1746 datiert stammt es vermutlich aus dem Erbteil Wilhelm Friedemann Bachs und wurde um 1800 von dem nachmaligen Thomaskantor August Eberhard Müller erworben, der später den Thomanerchor Leipzig zum Besitzer des Bildes bestimmte. Durch missglückte Restaurierungen und Übermalungen hat dieses Exemplar stark gelitten – zahlreiche Details sind verloren und die Gesichtszüge Bachs sind unkonturiert und verschattet.
Wesentlich besser erhalten ist das zweite Original aus dem Jahr 1748. Dieses fasziniert durch seine strahlenden Farben und scharfen Konturen ebenso wie durch eine bewegende Geschichte. Das Bild von 1748 entstammt dem Erbteil von Carl Philipp Emanuel Bach und gelangte im frühen 19. Jahrhundert in den Besitz der jüdischen Familie Jenke aus Breslau.
Am gestrigen 29. April 2015 wurde das Bach-Portrait von E. G. Haußmann unter Anwesenheit von William H. Scheides Familie, dem Oberbürgermeister der Stadt Leipzig Burkhard Jung, dem Präsidenten des Bach-Archivs Sir John Eliot Gardiner und dem Direktor Professor Dr. Peter Wollny im Rahmen einer privaten Zeremonie feierlich im Haus der Scheides verabschiedet. Es befindet sich nun auf dem Weg nach Leipzig.