Johann Sebastian Bach hätte sich gefreut, hätte vielleicht vor Glück Purzelbäume geschlagen, wenn er ein derartiges Instrument wie die Cavaillé-Coll-Orgel in Notre-Dame in Paris zur Verfügung gehabt hätte. So wie er sich zu Fuß auf den Weg nach Lübeck zu Buxtehude gemacht hat, wäre dem Thomaskantor auch der Weg in die französische Hauptstadt nicht zu weit gewesen.
Bleibt dennoch die Frage, ob man Bach auf einer derart gewaltigen Maschine, die für die französische Orgelromantik gebaut wurde, spielen darf.
Olivier Latry, der Organist von Notre-Dame, darf das. Er beherrscht sein Instrument mit größter Gelassenheit, weiß die gewaltigen Klangmassen zu zähmen, sie der Bachschen Musikarchitektur unterzuordnen. Wenn die Musik es erlaubt – und nur dann – lässt Olivier Latry seine Orgel von der Leine, ohne jedoch aufzutrumpfen, ohne plakativ zu werden.
Im exzellenten Begleitheft spricht der Organist von der transzendenten Kraft von Bachs Musik, von der Verschiebung der Parameter (Barockmusik auf einer stilistisch anders ausgelegten Orgel), ohne dass Bachs Musik aus der Balance gerät. Es ist gerade diese Balance, die Transparenz und innere Logik der Musik, die Olivier Latry trotz der großen Mittel nie unterschlägt.
Dabei wirken seine Interpretationen nie schematisch, nie rein intellektuell. Es bleibt Musik, die vom Innersten ins Innerste zurückkehrt.