Johann Sebastian Bachs Sechs Sonaten und Partiten BWV 1001-1006 liegen in unzähligen hervorragenden Einspielungen vor. Gottfried Schneider, der hauptsächlich als Pädagoge tätig ist, liefert nun völlig überraschend eine Interpretation, die man ohne Zögern unter die allerbesten zählen muss. Vielleicht ist man gerade heute von den supertalentierten jungen Geigern oder den historisch hoch versierten Interpreten so verblendet, dass man schnell vergisst, wie emotional doch die Musik Bachs ist, wie universell sie alles Menschliche mit den großen Fragen der Existenz, des Lebens und des Todes verbindet. Bachs Musik ist nicht greifbar und man kann und darf sie in kein Korsett zwingen. Und genau das hat Gottfried Schneider erkannt.
Einerseits spielt er Bachs Sonaten und Partiten quasi aus dem Ärmel heraus, lässt sie musikantisch wachsen und verbannt erst einmal das rein Intellektuelle und Technische in den Hintergrund – und zwar so, dass es der Hörer in seinem Interpretationskonzept nicht merkt. Natürlich hat sich Schneider mit diesen Werken auseinandergesetzt und er beherrscht sie mit einer absoluten technischen Präzision. Nur, er lässt es den Hörer nicht merken. Dieser kann sich vielmehr auf den Fluss und die Botschaft der Musik konzentrieren, wird durch nichts abgelenkt und kann sich somit auf eine einmalige musikalische Reise begeben, die ihn unweigerlich zu den wichtigsten Fragen des Selbst führt.
Schneiders philosophisch-humanistischer Bach ist ein Ohrenschmaus, und es macht einfach nur Freude, diesem Violinisten während 140 Minuten zuzuhören. Schneider bringt Bach zu einer gewissen Einfachheit und Selbstverständlichkeit zurück und erreicht gerade durch seine interpretatorische Ernsthaftigkeit musikalische Dimensionen, die man heute nicht mehr sehr oft hört.
No intellectual abstraction, no pure technical brilliance here. Gottfried Schneider is focusing the humanistic message of Bach’s music in its purest expression.