Einen eigenen musikalischen Kosmos machen die sechs Motetten im Schaffen von Johann Sebastian Bach aus. Die Meisterschaft in diesen Werken hat er aus dem Florilegium portense geschöpft. Diese Sammlung umfasst 365 Motetten von knapp fünf Dutzend Komponisten, an deren Vorbilder Bach anknüpfte und seine eigenen Lösungen entwickelte. Deswegen hat Raphaël Pichon aus diesem musikalischen Almanach der Zeit drei prägende Motetten zwischen die Werke von Bach gesetzt, um die Verbindung und Bedeutung zu charakterisieren und zu verdeutlichen.
Neben einer teilweise erforderlichen Continuo Gruppe wirkt nur der Chor Pgymalion mit. Unter dem Dirigat von Pichon erklingen diese Motetten, eigentlich Trauermusiken mit christlichen Texten, so angeregt, geradezu tänzerisch, dass sie lebendig erstrahlen.
Unschwer lässt sich erhören, mit welcher Intensität Pichon selber diese Werke über lange Zeit verinnerlicht hat und wie er seine eigene Begeisterung auch dem Chor vermitteln konnte. Vielleicht hätte man sich noch einen Hauch deutlicherer Artikulation des Deutschen gewünscht, aber das ist eine Kleinigkeit im Vergleich zu der durch und durch gelungenen Interpretation.
Der Chor singt ausbalanciert und auch nimmt die enthusiastische Sicht des Dirigenten auf. Doch er agiert nicht nur flüssig und frisch, sondern kann ebenso lyrisch gestalten. Die Intonation gelingt makellos und der Klang ist klar und leicht. Pichon gelingt, seine seit seiner Jugend gewachsene Verbindung mit diesen Werken als unerschütterliche Kraft des Glaubens durch den Chor hörbar zu machen.
Die polyphonen italienischen Vorbilder wie Giovanni Gabrielis Jubilate Deo, die Pichon beigefügt hat, zeigen dem Interessierten die Fundamente, aus denen Bach seine Werke selbst nahm. Und allen Hörern bieten sie eine sinnvolle Ergänzung für die ohnehin so wertvollen Motetten aus der Feder von Bach.