Antonin Dvorak: Cellokonzert op. 104; Kian Soltani, Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim + Lasst mich allein op. 82 Nr. 1 für Cello & Cello-Ensemble + Largo aus Symphonie Nr. 9 für Cello & Cello-Ensemble + Songs my Mother taught me op. 55 Nr. 4 für Cello & Cello-Ensemble + Allegro moderato op. 75 Nr. 1 für Cello & Cello-Ensemble + Silent Woods op. 68 Nr. 5 für Cello & Cello-Ensemble; Kian Soltani, Cello, Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim; 1 CD Deutsche Grammophon 4836090; Aufnahme 2019, Veröffentlichung 07/08/2020 (62') - Rezension von Remy Franck
Vielleicht ist der Vergleich überzogen, aber ich musste bei dieser Aufnahme an Mussorgskys Szene mit Samuel Goldenberg und Schmuyle denken. Einerseits der mächtige Barenboim, der vor allem sich und sein Orchester hören lassen will, andererseits das oft zartbesaitete, immer feinfühlige Spiel von Kian Soltani. Wohl selten haben ein Dirigent und ein Solist zu wenig zueinander gepasst. Das großmäulige Spiel der Berliner Staatskapelle, die Wichtigtuerei von Barenboim sind fies. Sicher, es kann interessant sein, wenn viele Details in einer Komposition hörbar werden, aber es macht nicht immer Sinn, denn oft ist nur der gut gemischte Gesamtklang das Richtige.
Barenboim unterdrückt Soltani hin und wieder ganz brutal, und auch sonst ist kein wirklich harmonisches Miteinander, kein Sinnmachendes Dialogieren festzustellen. Wegen der vielen Details, die hörbar werden, klingt die Musik manchmal regelrecht chaotisch und ungeordnet. Es gibt Passagen, wo man gezwungen wird, dem Orchester zuzuhören und den Solisten komplett aus dem Ohr verliert. Statt Klangfusion erfolgt ein klangliches Durcheinander. Die Wucht, mit der Barenboim sein Orchester vor allem im Finale spielen lässt, zeigt, dass er Dvoraks Musik nicht verstanden hat. In einem Satz: diese Interpretation leidet unter dirigentischer Arroganz.
Zusammen mit einem Cellistenensemble der Staatskapelle hat Soltani dann noch eigene Bearbeitungen von Dvorak-Melodien aufgenommen. Ob das wirklich nötig war und gewinnbringend ist, diese Frage soll jeder für sich beantworten. Ich für meinen Teil bezweifle es.
Maybe the comparison is exaggerated, but while listening to this performance of Dvorak’s Cello Concerto I had to think of Mussorgsky’s scene with Samuel Goldenberg and Schmuyle. On the one hand the mighty Barenboim, who cares above all for a dominant orchestral sound, on the other hand the often delicately sensitive playing of Kian Soltani. Seldom have a conductor and a soloist been so badly suited to each other. The loudmouthed playing of the Berliner Staatskapelle, the pomposity of Barenboim are mean. Sure, it can be highly interesting when many details become audible, but it doesn’t always make sense, because often only the finely mixed and homogeneous sound is right. Barenboim brutally suppresses Soltani every now and then, and otherwise there is no really harmonious togetherness, no meaningful dialogue. Because of the many details that become audible, the music sometimes sounds chaotic and disordered. There are passages where one is downright forced to listen to the orchestra and loses the soloist completely out of ear. Instead of sound fusion there is a tonal confusion. The force with which Barenboim lets his orchestra play, especially in the finale, shows that he has not understood Dvorak’s music. In one sentence: this interpretation suffers from the conductor’s arrogance.
Together with a cellist ensemble of the Staatskapelle, Soltani then recorded his own arrangements of Dvorak melodies. If that was really necessary and profitable, this question should be answered by each listener. For my part, I doubt it.