Die Eröffnung der 20. Ausgabe des Beethoven-Festivals am gestrigen Samstag in der Warschauer Philharmonie wurde zum persönlichen Triumpf für die Intendantin Elzbieta Penderecka, die mit einer lang anhaltenden Ovation vom Publikum geehrt wurde.
Die Gattin des renommierten Komponisten Penderecki trotzt in der Tat seit nunmehr zwanzig Jahren Wind und Sturm, arrangiert sich mit immer wechselnden politischen Verantwortlichen und mobilisiert Heerscharen von Sponsoren, um das größte und bedeutendste Musikfestival in Polen jährlich auch unter schwierigen Umständen auf unverändert hohem Niveau stattfinden zu lassen.
Das Beethoven-Festival findet, wie gewöhnlich, in den letzten zwei Wochen vor Ostern statt. Es begann gestern mit der Aufführung von Ludwig van Beethovens Neunter Symphonie und endet am Karfreitag mit der vom Komponisten Penderecki geleiteten Lukas-Passion, fünfzig Jahre nach der Uraufführung des monumentalen Werks in Münster.
Das zwanzigste Beethoven-Festival findet in einem politisch neuen Polen statt, in dem eine nationalistische Regierung es insbesondere der Kultur nicht leicht macht. Und so war es auch nicht ganz unverständlich, für ausländische Beobachter aber doch überraschend, dass ein aus vielen Mündern kommendes, kräftiges Buh durch den Saal ging, als der Name des Kulturministers unter den Förderern des diesjährigen Festivals genannt wurde. Viel Beifall hingegen erhielt Hanna Gronkiewicz-Waltz, die Bürgermeisterin von Warschau, die nicht der Regierungspartei angehört und die polnische Hauptstadt auf einem international salonfähigen Kurs hält.
Dabei gilt ihr Hauptaugenmerk der Kultur und insbesondere dem städtischen Orchester, der ‘Sinfonia Varsovia’, für die sie gegenwärtig einen neuen Konzertsaal baut. Die Bürgermeisterin ließ in ihrer Eröffnungsrede keinen Zweifel daran, dass in Zukunft etliche Konzerte des Festivals in diesem neuen Saal stattfinden werden, und nicht mehr in der nationalen Philharmonie.
Das Eröffnungskonzert begann mit der Aufführung der im Konzert eher selten zu hörenden Fantasie für Klavier, Chor und Orchester, die Dirigent Jacek Kaspszyk opulent und spannungsvoll gestaltete, mit der brillanten Yeol Eum Son am Klavier.
Die Neunte Symphonie dirigierte Kaspszyk mit viel Brio und Drive, so wie ich das Werk vor fünfzig Jahren zum ersten Mal gehört hatte. Es war also eine traditionelle Aufführung mit relativ schnellen Tempi, in der der Dirigent mit vehementer Gestik das Orchester zu einem hoch intensiven Musizieren anspornte. Dabei blieb einiges an Raffinement auf der Strecke, und man hatte auch den Eindruck, dass die Warschauer Philharmoniker unter ihrem neuen Chef nicht mehr mit derselben Präzision spielen, wie das unter Antoni Wit der Fall war.
Dem letzten Satz fehlte es bei aller Dynamik nicht an Feierlichkeit. Unter den Solisten stach Heli Veskus mit ihrem Strahlesopran heraus, wobei Bernarda Fink im Mezzopart ziemlich unterging. Michael Schade brachte es unter Aufbietung aller vokalen Kräfte fertig, die Tenorpartie klar und deutlich herüberzubringen, und auch der Bariton Markus Eiche wurde seiner Rolle durchaus gerecht. Einen hervorragenden Eindruck hinterließ der Philharmonische Chor Warschau mit seinen kräftigen Männerstimmen, die in völliger Harmonie mit den Frauen ein wohl ausbalanciertes Ensemble bildeten. Das Publikum in der Philharmonie feierte die Künstler mit einer lang anhaltenden Ovation.
Pizzicato wird auch in den nächsten Tagen über weitere Konzerte des XX. Beethoven-Festivals berichten.
Remy Franck (zz. Warschau)