Das Nationale Polnische Rundfunkorchester in Katowice spielte gestern Abend in der Warschauer Philharmonie unter Lawrence Foster: in einem ungewöhnlichen Programm wurde das Konzert zu einem Fest von Klangkultur und musikalischer Rhetorik.
Mit dem 1956 bei den Salzburger Festspielen von Rafael Kubelik uraufgeführten Orchesterwerk ‘Les Fresques de Piero della Francesca’ beschäftigte sich Bohuslav Martinu mit dem acht Szenen umfassenden Freskenzyklus um die Legende des Heiligen Kreuzes, die der Maler zwischen 1453 und 1466 in der Chorkapelle von San Francesco in Arezzo gemalt hat.
Unter Lawrence Fosters Leitung wurde das Werk in seiner würdevollen Pietät ungemein farbig gespielt, wobei die Tiefe der Bilder genauso zum Ausdruck kam wie das Geheimnisvolle der Musik.
Weiter ging’s dann ganz klassisch mit dem 3. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven mit der wunderbaren Elena Bashkirova als Solistin. Sie zeigte ihre reiche Farbpalette gleich im ersten Satz und in der hinreißend brillant gespielten Kadenz, während sie im langsamen Satz reflektiv und verinnerlicht, gewissermaßen wie improvisatorisch spielte und im Zusammenspiel mit dem von Foster wunderbar gesteuerten Orchester den Zuhörern pures Glück bescherte. Das Finale erklang in spontaner Frische.
Nach diesem Klavierkonzert folgte der von den Bläsern des Orchesters aus Katowice stupend virtuos gespielte Geschwindmarsch nach Beethoven aus der ‘Symphonia Serena’ von Paul Hindemith, dessen Symphonie ‘Mathis der Maler’ das Programm beendete.
Kunst gegen Politik, Moral gegen Macht: Paul Hindemiths Oper ‘Mathis der Maler’ schildert die letzten Lebensjahre von Matthias Grünewald, des 1528 verstorbenen Malers und Schöpfers des berühmten Isenheimer Altars.
Die Symphonie ‘Mathis der Maler’ entstand im Zusammenhang mit der Arbeit an der Oper. Hindemith schrieb die drei Sätze der Symphonie bereits vor der Fertigstellung des selbstverfassten Textbuches und baute sie später in die Oper ein. Sie ist ein ‘tönendes Triptychon’, das verschiedene Bildmotive des Isenheimer Altars musikalisch umsetzt.
Musikalisch äußert sich das in einer weitgehend neoklassischen Musik mit mittelalterlichen Anklängen, hier mystizistisch, dort leidenschaftlich, hier ruhig und bedächtig, dort aufgewühlt und kriegerisch.
Das ‘Engelskonzert’ gestaltete Lawrence Foster unbeschwert, lichtvoll und himmlisch, sich dabei vollkommen auf die enorme Klangkultur des Rundfunkorchesters aus Katowice verlassend.
Spannungsvoll und atmosphärisch dicht folgte die ‘Grablegung’, und in der ‘Versuchung des Hl. Antonius’ ließ Fosters handfeste Interpretation Hindemiths Musik hervorragend zur Geltung kommen. Das Orchester begeisterte in den feinsinnigen, kammermusikalischen Passagen ebenso wie in den kraftvollen Orchesterausbrüchen. Fosters klares und wohlstrukturiertes Dirigat vermied Pathos genauso wie ein zu effektüberladenes Spiel. So plastisch hat man diese Symphonie wohl selten gehört.
Und so war denn dieses Konzert mit einem Programm, in dem zwei eher selten zu hörende Werke aufgeführt wurden, ein Highlight des diesjährigen Beethoven-Festivals und eine wirkliche Bereicherung für jeden Besucher. Remy Franck (zurzeit Warschau)