Mit einem Klavier-Marathon verwöhnte das Beethoven-Festival die Musikliebhaber gestern in einem vierstündigen Konzert im Schloss von Warschau. Drei hoch talentierte junge Pianisten waren zu Gast.
Filippo Gorini, Gewinner des Beethoven-Wettbewerbs 2015 in Bonn, eröffnete den Abend mit einer spannenden Wiedergabe der Diabelli-Vationen. Wie schon vor einem Monat beim ‘Next Generation Festival’ in Bad Ragaz, wo uns der zwanzigjährige Italiener mit der 31.Beethoven-Sonate überrascht und überzeugt hatte, zeigte er auch hier in Warschau, dass er perfekt ‘beethovenisch’ spricht. Er spielte die Diabelli-Variationen ohne jede Unterbrechung, sehr flüssig, quasi durchgehend spannungsvoll, sehr impulsiv und sehr sensibel zugleich. Eine souveräne Leistung!
Ein ganz anderer Typ von Pianist ist der 22-jährige Spanier Juan Perez Floristan, der Gewinner des Paloma O’Shea-Wettbewerbs in Santander. Er trägt nicht umsonst rot gestreifte Socken, denn auch das muss man als Mitteilung bewerten…
Floristan begann sein Recital mit der Sonate op. 31 Nr. 3 von Ludwig van Beethoven, die er sehr herb, vor allem aber betont humorvoll spielte, manchmal geradezu clownesk. Soviel Witz hört man selten bei Beethoven, und die Musik vertrug es bestens. Eine sehr persönliche und rundum überzeugende Darbietung, die ungemein viel Spaß machte.
Weniger gefiel mir die Sonate von Ravel, die von ausgiebigen Grimassen begleitet, etwas bedeutungsschwanger geriet und mir nicht leicht und nicht schwebend genug war.
Absolut hingerissen war ich jedoch von der Interpretation der ‘Fantasia Betica’ des Spaniers Manuel de Falla. Floristan steigerte sich in diesem Werk in einen phänomenalen Farbenrausch, wobei sein Spiel immer klar und auch in seiner Virtuosität stupend war. Diesen Namen wird man sich zweifellos merken müssen. Wie Gorini hat Juan Perez Floristan das Potenzial für eine große Karriere, auch wenn er sich im Repertoire auf die Komponisten beschränken muss, die ihm liegen.
Andrew Tyson, der Gewinner des Geza Anda-Wettbewerbs 2015, begann seinen Vortrag mit einer faszinierend farbigen Aufführung von Ravels ‘Miroirs’ und spielte anschließend hoch virtuos, aber ohne Swing, Gershwins ‘Rhapsody in Blue’.
Dass die drei Pianisten so gut beim Publikum ankamen, liegt zu einem nicht unwichtigen Teil am Klavier. Das Beethoven-Festival hatte für dieses Konzert einen der besten Steinway-Flügel zur Verfügung, die ich in den letzten Jahren gehört habe. Ein Lob daher auch für den Klavierstimmer, der das Instrument für dieses Konzert so hervorragend vorbereitet hatte.
Heute Abend gibt es beim Beethoven-Festival in Warschau ein Konzert der ‘Sinfonia Varsovia’ mit u.a. Beethovens Tripelkonzert, das John Axelrod dirigieren wird.
Remy Franck (z.Z. Warschau)