In der ersten halben Minute ist die Sache schon entschieden, und ich bin bereit, alles zu vergessen, was ich glaubte, bisher an guten Einspielungen von Rachmaninovs Erster Symphonie gehört zu haben, bereit auch, diese gesammelten Aufnahmen in den Bereich der Banalität zu verbannen. Es sind dreißig Sekunden, die die Geschichte dieser Komposition verändern, weil das, was Kitajenko aus der Grave-Einleitung herausholt, in Sachen Klanglichkeit einfach beispiellos ist. Mit grandiosem epischem Atem und einem einmaligen Sinn für Proportionen wird dann der erste Satz weiterentwickelt, der so eine phänomenale Bedeutsamkeit erlangt.
Im Allegro animato arbeitet Kitajenko all das, was die Zuhörer bei der katastrophalen Uraufführung des Werks als unkohärent und unnatürlich empfunden hatten, zu einem mysteriös und unwirklich klingenden Satz um, der in ein nicht weniger phantastisch-traumhaftes Larghetto mündet, das zunehmend bedrohlicher wird, sich nach einer wie durch Läuterung entstandenen Innerlichkeit ohne jedes Pathos ins Leidenschaftliche steigert und in tiefer Nachdenklichkeit endet.
Im letzten Satz, an dessen klanglicher und rhythmischer Vielfalt schon so viele Interpreten – von Glazunov an – gescheitert sind, erweist sich Dmitrij Kitajenko als ein Dirigent, der die Musik im kleinen Finger hat. Seine spirituelle, innerliche Kraft der Tongestaltung gibt dem Satz Zusammenhalt. Mit einer singulären Sicherheit der Tempi, einer phänomenalen Plastik der Deklamation und einer totalen Souveränität des Phrasierens findet die Musik zu ihrer elementaren Wirkungskraft zurück, breitet den bunten Teppich der reichen Phantasie Rachmaninovs vor uns aus und bündelt die Stimmungsbrüche in einen einzigen, zusammenhängenden Gefühlsstrang.
Nicht weniger zwingend erklingt die symphonische Dichtung ‘Der Fels’, und auch hier folgt das phänomenal aufspielende Gürzenich-Orchester den Anweisungen seines Ehrendirigenten völlig ergeben und gestaltet die zahlreichen, vielfältigen dynamischen Anweisungen mit großer Präzision. Dadurch entstehen Spannung und Dramatik, die die Expressivität Rachmaninovs voll zu Geltung bringen.
Dmitrij Kitajenko and Cologne’s Gürzenich Orchestra launch their Rachmaninov Edition with an exceptional recording of the First Symphony. Kitajenko not only achieves to give the work a spiritual unity, with his immense caring about colors and nuances, he also creates a sound so rich and so eloquent like we never experienced it in any other recording.