Josef Gingold studierte bei Eugène Ysaÿe und er unterrichtete seinerseits den französischen Geiger Philippe Graffin. Dies mag die enge Verbundenheit mit dem Repertoire dieser Epoche erklären, die jeweils vom Lehrer auf den Schüler übergeben wurde. Dabei bezaubert Graffin nicht nur mit sensiblen Interpretationen schon bekannter Werke, sondern stöbert in Archiven und deckt Unbekanntes auf, das er gegebenenfalls noch entwickelt. Hier handelt es sich um eine Version von ‘Clair de lune’, die er zusammen mit David Matthews für die Violine allein schrieb, die ‘Kleine Romantische Fantasie’ von Ysaÿe sowie eine neue ‘sechste’ Sonate für Violine solo zum Zyklus op. 27, die er in Notenstapeln entdeckte und letzte unvollendete Takte im Sinne des Komponisten ergänzte.
Daneben hat er zwei Sonaten und zwei kleine Stücke eingespielt, so dass in diesem Kokon von Debussy, Enescu, Ravel und Ysaÿe ein spannender Ausflug entstanden ist, der nicht nur bekannte Bilder neu beleuchtet, sondern auch Ungehörtes ans Ohr bringt.
Graffins die Werke tief aushorchendes Spiel ist immer von größter Leidenschaft. Aber er lässt sich nicht dazu verleiten, Virtuosität um ihrer selbst willen funkeln zu lassen. In seinem Spiel werden Farbschattierungen vielfältigster Natur gestaltet und die künstlerische Spannung lässt nie nach, sei es in einer Sonate oder auch in einem ‘petit four’.
Seine Sicht wird in den gemeinsam mit der Pianistin Claire Désert aufgenommenen Kompositionen mitgetragen, so dass die Spannungslinie und die Qualität die gesamte CD hindurch gehalten wird.