Das Hauptwerk auf Clipper Ericksons CD ‘Tableau, Tempest & Tango’ ist Modest Mussorgskys ‘Bilder einer Ausstellung’. Das oft eingespielte Stück kann erstaunlicherweise noch immer wieder neu interpretiert werden. Sicher ist es recherchiert, was Erickson macht, aber es wirkt nicht schlecht, denn der Pianist verblüfft uns mit seinen Phrasierungen, Tempi, Rubati und Griffen, die einen ganz persönlichen Charakter haben. Eine interessante Interpretation, die jedem Bild einen sehr eigenen Charakter gibt!
Der 1936 geborene amerikanisch-russische Komponist David Finko, der im Krieg Schreckliches erlebte und 1979 aus religiösen und politischen Gründen in die USA emigrierte, schreibt eine Musik, die zum Teil stark von den traumatischen Erinnerungen aus seiner Kindheit und ebenfalls durch seinen russisch-jüdischen Background geprägt ist. Seine ‘Fantasia on a Medieval Russian Theme’ wurde durch ein Gedicht inspiriert, das die Unterdrückung des russischen Volkes beschreibt. Clipper Erickson spielt das Werk sehr ausdrucksvoll.
Finkos Erste Klaviersonate stammt aus dem Jahre 1964 und wurde inspiriert vom jiddischen Theater des Regisseurs Solomon Mikhoels, dessen Namen sie trägt. Außer in ihren langsamen Sätzen sind die beiden ersten Sonaten perkussiv und motorisch. Die kurze, nur einsätzige 3. Sonate ist dynamisch sehr abwechslungsreich und aufgewühlt, ohne wirklich bedrückend zu werden.
Nach der ‘Sonata Notturna’, der 2. Klaviersonate des 1947 in Philadelphia geborenen Komponisten Richard Brodhead, deren gemischt verspielt-mysteriösen Charakter Clipper Erickson in einer sehr spannenden Interpretation wunderbar trifft, spielt der Pianist vom selben Komponisten ‘Una Carta de Buenos Aires’, einen düsteren, rhythmisch verzerrten Tango.
Und so ist denn dieses Album mit einerseits einem sehr bekannten Werk und anderseits wenig bekannten Stücken wirklich hörenswert.