Die 1964, 1967 und 1971 für Mstislav Rostropovich komponierten drei Cello-Suiten gehören zu Benjamin Brittens nostalgischsten und reflektivsten Werken, ob er nun, wie in der 3. Suite, russische Themen verwendet oder sich auf eigene Werke bezieht. Und wenn ein Interpret in diesen höllisch diffizilen Kompositionen nur die Noten sieht und nicht das, was dahinter liegt, erstarrt die Musik leb- und aussagelos. Gewiss, die Fugen, die Märsche und einige andere Sätze können auch technisch wirkungsvoll werden, aber meistens ist der Interpret doch sehr gefordert, um introspektiv in Brittens Gedankenwelt vorzustoßen und sich ebenfalls die Natur eigen zu machen, die eine so große Rolle in allen Werken des Komponisten spielt.
Diese Inspiration findet sich in der wagemutigen CD-Produktion von Olivier Marron. Der heute 34-jährige französische Cellist taucht tief in Brittens Welt ein und kann die ganze mysteriöse Dichte der musikalischen Botschaft in einem wunderbaren Spiel von Spannung und Entspannung zu Gehör bringen. Zwischen glühender Intensität, positiv aufschwingenden Tanzbewegungen, beängstigend traumatischen Passagen voller Unruhe und Absenkung in hypnotisch wirkende Ruhephasen macht Marron Brittens Gefühlswelt mit einem bemerkenswerten Ausdruckswillen hörbar. Marron selber zieht sich hierbei sehr weit zurück, so dass sich der Zuhörer in direkten Kontakt mit Britten gesetzt fühlt und seinen bewegenden ‘Erzählungen gebannt zuhört.
Marron mag nicht der leidenschaftlichste und dramatischste Britten-Interpret sein, aber der viel gefährlichere Weg, den er wählt ist, für ein dazu ebenfalls empfängliches Publikum ganz sicher bereichernd.
Olivier Marron has the inspiration to bring Benjamin Britten’s Cello suites to life. He might not be the most passionate or dramatic performer of these works, but he clearly is able to look behind the notes and so, the three thoughtful performances seem to be a direct projection of the composer’s psyche.