Johann Sebastian Bach: Sonaten für Violine BWV 1001,1003,1005; Linus Roth, Violine; 1 CD Evil Penguin EPRC 0039; Aufnahme 09 +12.2020, Veröffentlichung 03.9.2021 (D), 17.09.2020 (UK), 29.09.2021 (F) - 68' - Rezension von Remy Franck
Die Musik von Johann Sebastian Bach überrascht immer wieder. Scheinbar endlos sind die Interpretationsmöglichkeiten. Aber es genügt heute nicht mehr, auf ein passendes Instrument und den adäquaten Bogen zurückzugreifen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Und es braucht auch mehr als nur eine exzellente Technik. Musikalität und Persönlichkeit sind mehr denn je gefragt, was aber auch leicht zu Exzentrizität führen kann.
Linus Roth hat den schmalen Grat des Richtigen getroffen. Seine Kunst der Interpretation definiert sich durch Ehrlichkeit und Einfachheit, ohne überflüssige Effekte und ohne betont modischen Look. Roth vertraut vollkommen auf die Musik und lässt sich eigentlich von ihr führen. Den technischen Herausforderungen der Werke wird der Geiger mit größter Selbstverständlichkeit und gleichzeitig auch tiefer emotiver Ausdruckskraft gerecht. Vorbildlich orientiert er sich am Urtext und setzt auf den runden Klang der Stradivari Dancla von 1703. Anders als bei anderen Violinisten unserer Tage ist Roths Klangkultur dabei sehr am Schönklang ausgerichtet. Die Stimmführung ist klar und der Vortragsgestus von großer Frische und Wendigkeit, so dass vollauf deutlich wird, um was für glanzvolle Werke es sich bei Bachs Sonaten handelt.
Doch über all das hinaus ist es vor allem die Rhetorik des Musikers, die uns packt. Roth erzählt uns etwas, er zeigt uns, wie emotional Bachs Musik doch ist, und präsentiert so, ohne je zu übertreiben, eine Musik, die den Hörer direkt berührt.
Zum guten Eindruck trägt auch die Aufnahmetechnik bei, die die Akustik des Bibliothekssaals des Klosters von Ochsenhausen voll nutzt und den Klang des Instruments mit höchster, aber weicher Präzision einfängt.
Johann Sebastian Bach’s music never ceases to surprise. The possibilities for interpretations are seemingly endless. But today it is no longer enough to use a suitable instrument and the adequate bow to attract attention. And it also takes more than just excellent technique. Musicality and personality are more in demand than ever, but this can also easily lead to eccentricity.
Linus Roth has struck the fine line of what is right. His art of interpretation is defined by honesty and simplicity, without superfluous effects or an emphatically fashionable look. Roth trusts completely in the music and actually lets himself be guided by it. The violinist meets the technical challenges of the works with the greatest naturalness and at the same time also with deep emotive expressiveness. He follows the original text in an exemplary manner and relies on the round sound of the Stradivari Dancla from 1703. Unlike other violinists of our days, Roth’s playing is very much oriented towards beautiful sound. The musical line is clear and the performance of great freshness and agility, so that it becomes fully clear what brilliant works Bach’s sonatas are.
But beyond all that, it is above all the musician’s rhetoric that grabs us. Roth tells us something, he shows us how emotional Bach’s music is after all, and thus presents, without ever exaggerating, a deeply touching music.
The recording technique, which makes full use of the acoustics of the library hall of the monastery of Ochsenhausen and captures the sound of the instrument with high and at the same time smooth precision, also contributes to the good impression.