Das noch recht junge Label ‘La Dolce Volta’ will verschiedenen großen Persönlichkeiten des Klaviers und des Streichquartetts neue Möglichkeiten geben, ihre Kunst einem weiteren Publikum bekannt zu machen. So auch Menahem Pressler, dem legendären Begründer des ‘Beaux-Arts Trios’. Er hat nun mit über 90 Jahren die Gelegenheit, als Klaviersolist wieder entdeckt zu werden. Das ist natürlich überaus begrüßenswert. Weniger sympathisch ist allerdings, dass man schon das Booklet durchblättern muss, um die Spieldauer der einzelnen Werke, die der Gesamt-CD, das Aufnahmejahr und die Aufnahmebedingungen herauszufinden. Wenn schon, nach den Herausgebern, ‘die Musikeinspielung wieder zum Luxusgegenstand’ werden soll, dann sollte man auch dafür sorgen, dass alle Informationen auf einen Blick einzusehen sind!
Nun aber zur CD selbst, die anscheinend als Synthese ‘Wiener Geschichten’ heißen soll. Diese Bezeichnung hat schon etwas für sich: Die drei größten Komponisten der Wiener Klassik und beginnenden Romantik finden sich hier mit für sie charakteristischen Kompositionen vereint.
Erfreulich ist, dass Pressler Franz Schubert den größten Platz, mehr als die Hälfte der CD, einräumt. Dazu spielt er eine der enigmatischsten seiner Sonaten, die in G-Dur, D. 894 von Oktober 1826, der ihr Verleger den Beinamen ‘Fantasie’ gegeben hat. Das Werk hat tatsächlich viel vom Charakter einer ‘Fantasie’. Das verdeutlicht schon sein Beginn, diese langen Akkorde in G-Dur, zu denen Schubert immer wieder zurückkehrt, diese Musik, die zwischen Lächeln und Tränen sehr behutsam in immer neuen Varianten ihren Weg sucht. Und es ist, als ob Pressler jedem Ton, jedem Akkord nachhorchen und alles an verhaltener Emotion in sein Spiel hineinlegen würde, der dieser große Musiker fähig ist.
Wie reich ist doch sein Anschlag, wie magisch wachsen aus ihm die Akkorde und die Melodielinien hervor! Und was für das ‘Molto moderato e cantabile’ des Anfangs wahr ist, gilt auch für die drei anderen Sätze. Besonders hervorgehoben sei noch das unendlich fein gespielte ‘Andante’ und das Finale, das der Gattung des ‘Ländlers’ einen Adelstitel verleiht.
In vielem ähnelt das ‘Rondo a-Moll’ von Amadé Mozart aus dem Jahre 1787 der Schubertschen Innenwelt. Auch hier verbinden sich Wehmut und Freude auf ganz einmalige Art, und wieder kann man nur bewundernd zuhören, wie delikat der Anschlag des Pianisten und wie herrlich seine Tongebung sind, zumal sie prächtig eingefangen wurden!
Nicht zu unterschätzen sind dabei die Augenblicke der Stille, deren Gewichtigkeit den drei hier eingespielten Werken, also auch den sechs ‘Bagatellen’ op. 126 von Ludwig van Beethoven aus dem Jahre 1824, erst der Musik ihre ganze Intensität verleihen. Für diese bewegenden Interpretationen von Menahem Pressler kann man schon Hans Sachsens ‘Verachtet mir die Meister nicht’ anbringen.
Pressler’s playing is magical, full of controlled emotion and delicacy. An overall moving CD!