Dieser Mitschnitt eines Konzerts vom 5. März 1990 ist in erster Linie für Boulez-Fans und -Sammler interessant. Natürlich war dieses Konzert mit dem Orchester des Moskauer Konservatoriums ein Ereignis für die russische Metropole und zeigt auch, mit welchem Engagement und Können die jungen Musiker dem großen Komponisten und Dirigenten folgen, aber letztendlich gibt es dieses Programm mit Boulez in weitaus besseren Aufnahmen.
Interessant ist trotzdem festzustellen, dass Boulez hier weitaus musikantischer zur Sache geht und nicht so analytisch und textbezogen, wie in seinen vielen anderen Einspielungen. Stravinskys Petruschka kommt quicklebendig daher, Debussys ‘La Mer’ erklingt mit sehr viel Expressivität und Klangmalerei, Weberns Orchesterstücke op. 6 besitzen einen sehr versöhnlichen und eher postromantischen Charakter. Boulez dirigiert flüssig und mit straffen Tempi und überspielt somit geschickt die punktuellen Schwächen des Orchesters, die vor allem in einem präzisen Zusammenspiel bei langsameren Passagen liegen. Sonstige Koordinationsprobleme stören wenig und gehören einfach zum Live-Erlebnis. Wettgemacht wird vieles durch das engagierte Spiel des Orchesters, das hier versucht sein Bestes zu geben und hörbar unter Spannung steht. Klanglich ist diese Melodyia-Produktion ganz in Ordnung, ohne jetzt ein herausragendes Niveau zu haben.
This CD is important above all for the fan community of Pierre Boulez. It shows however that his conducting in this particular concert in Moscow was less analytical, less textually in its approach and therefore much more expressive than what he normally did in such a repertoire.