Johannes Brahms: Sonaten für Viola & Klavier op. 120 Nr. 1 & 2 + 2 Gesänge für Bariton, Viola & Klavier op. 91 + Nachtigall für Viola & Klavier op. 97 Nr. 1 + Wiegenlied für Viola & Klavier op. 49 Nr. 4; Antoine Tamestit, Viola, Matthias Goerne, Bariton, Cédric Tiberghien, Klavier; 1 CD Harmonia Mundi HMM 902652; Aufnahmen 2019, Veröffentlichung 19/02/2021 (56'24) – Rezension von Remy Franck
Die Idee, die Bratschensonaten op. 120 mit den Gesängen op. 91 zu kombinieren ist nicht neu. Hier aber gibt es zwei weitere Lieder zu hören, die für die Bratsche bearbeitet wurden.
Bei den Sonaten für Viola und Klavier in f-Moll und Es-Dur handelt es sich um eine Transkription der Klarinettensonaten, die der Komponist selber besorgte. Dabei hat er die melodische Linie erweitert und technische Raffinessen hinzugefügt. Ob man die Klarinetten- oder die Bratschenfassung vorzieht, ist Geschmacksache, interessant sind alle beide.
Die vorliegende Einspielung ist sehr gut gelungen, nicht nur wegen des feinen Gespürs der beiden Interpreten für die brüsken Stimmungsschwankungen und die tiefe Melancholie der beiden Werke, sondern auch, weil Tamestit und Tiberghien einen spannenden Dialog führen, der einerseits das Atmosphärische der Musik unterstreicht, andererseits aber auch die Dramatik einzelner Passagen schärft, insbesondere im Finalsatz der 2. Sonate. Es kommt aber auch zu sehr verinnerlichten Momenten, in denen die Musik so berührend ist, dass man den Atem anhält.
Die Adaptationen der beiden Lieder ergänzen bestens die Herbststimmung der Sonaten.
Nicht weniger ansprechend sind die beiden Gesänge op. 91, in denen Tamestit und der Bariton Matthias Goerne die Schönheit der Melodien und die Stimmung der beiden Lieder wunderbar zum Ausdruck bringen.
Dass das alles so gut klingt, liegt aber auch am Klavier, das Cédric Tiberghien benutzt, ein auffallend persönlichkeitsstarker Bechstein-Flügel von 1899, dessen Farbspektrum besonders in den tieferen Lagen ganz außergewöhnlich ist.
The idea of combining the viola sonatas op. 120 with the songs op. 91 is not new. Here, however, there are two more songs to be heard that have been arranged for the viola.
The sonatas for viola and piano in F minor and E-flat major are a transcription of the clarinet sonatas, done by the composer himself. In doing so, he expanded the melodic line and added technical refinements. Whether one prefers the clarinet or the viola version is a matter of taste; both are interesting.
The present recording is very well done, not only because of the fine feeling of the two interpreters for the brusque mood swings and the deep melancholy of the two works, but also because Tamestit and Tiberghien have an exciting dialogue, which on the one hand underlines the atmospheric nature of the music, but on the other hand also sharpens the drama of some passages, especially in the final movement of the 2nd sonata. But there are also much interiorized moments in which the music is breathtakingly touching.
The adaptations of the two songs complement the autumnal mood of the sonatas perfectly.
No less appealing are the two songs, Op. 91, in which Tamestit and baritone Mathias Goerne exquisitely express the beauty of the melodies and the mood of the two songs.
But the fact that it all sounds so good is also due to the piano used by Cédric Tiberghien, a strikingly personality-rich Bechstein grand piano from 1899 whose color spectrum is quite exceptional, especially in the lower registers.