Wer Christian Thielemann kennt, der kennt auch seine Vorliebe, Rubati zu dramatischen und oft plakativen Zwecken einzusetzen. Umso erstaunter waren wir, hier eine 4. Symphonie von Bruckner zu hören, die quasi ganz ohne Mätzchen auskommt und sich in ihrer Gesamtheit relativ flüssig und konsequent entwickelt. Thielemann dirigiert entspannt, er lässt der Musik sehr viel Zeit zum Atmen und gibt kaum eigene Impulse hinzu.
Tempomäßig ist diese Vierte relativ langsam. Thielemann braucht rund 10 Minuten mehr als Barenboim mit der Staatskapelle Dresden, Janowski mit dem ‘Orchestre de la Suisse Romande’ oder gar Altmeister Eugen Jochum mit dem ‘Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks’, die alle mit 63 Minuten auskommen. Trotzdem hat man bei Thielemann nicht den Eindruck, dass er zu langsam dirigiert. Spannung und Dynamik bleiben durchgehend erhalten. Was dann wiederum dazu führt, dass die Romantische zwar insgesamt recht gelungen ist, sich aber durch eine sehr professionelle Routine kaum aus der Masse heraushebt. Es gibt hier nichts Neues und wenig Interessantes, es ist eine Bruckner-Symphonie zum Genießen, in der man sich in erster Linie am herrlichen Klang der Staatskapelle Dresden erfreuen kann. Wer allerdings in den Katalog schaut und vergleichen will, der findet mindestens 20 Aufnahmen, die besser dirigiert sind und höhere künstlerische Aspekte vertreten, als dieser Live-Mitschnitt unter Christian Thielemann aus Dresden.