Die Wiederentdeckung der Werke der polnischen Komponistin Grazyna Bacewicz (1909-1969) ist immer lohnenswert, ob es sich nun um Kammermusik, Orchesterwerke, oder, wie in vorliegendem Fall, um Klavierstücke handelt. Gerade die Klaviermusik wurde bislang sehr vernachlässigt, und die neue CD von Piano Classics trifft nur auf eine Konkurrenzaufnahme, die von Ewa Kupiec bei Hänssler.
Dabei ist Bacewicz auch in diesem Repertoire eine der interessantesten Komponistinnen des XX. Jahrhunderts. Sie hat zwar als berühmte Violinistin in profunder Kenntnis ihres Instruments Werke geschrieben, die die Ausdrucks- und Emotionsmöglichkeiten der Violine in höchstem Maße ausloten, aber ihre Klavierwerke sind auch sehr spannend.
Die Schülerin von Nadia Boulanger situiert sich mit ihrer Musik zwischen Neo-Romantik und Modernismus. Obwohl die Werke dieser CD aus verschiedenen Epochen stammen, zeichnen sie sich generell durch eine temperamentvolle und farbige Sprache aus.
Bacewicz komponierte mit sehr viel Fantasie und immer so, dass man den Eindruck hat, sie habe wirklich etwas zu sagen, auch wenn ihre Suiten und Zyklen aus sehr kurzen Miniaturen bestehen.
Die 1991 in Litauen geborenen Pianistin Morta Grigaliunaite kann mit viel Gestaltungsfantasie die Stücke sehr gut differenzieren, sie kann die moderner klingenden Werke perkussiv schärfen, die Kindersuite zart oder verspielt gestalten, die Etüden brillant virtuos werden lassen. In der Zweiten Klaviersonate ist die Pianistin ebenfalls sehr überzeugend. Der erste Satz ist leidenschaftlich und aufgewühlt, der langsame Satz konzertiert lyrisch (nicht ganz so spannend wie bei Krystian Zimerman) und das Finale ist von stupender Virtuosität.