Stimmennachwuchs, angeleitet und betreut von erfahrenen Meistern, stellt sich auf dieser Aufnahme dem staunenden Publikum vor. Die im Rahmen einer Akademie erarbeiteten Stücke zeigen die Entwicklung der in italienisch verfassten Werke vom Frühbarock bis zur Klassik. Dabei wird einerseits die Darstellung von Affekten und andererseits das Sujet des Musikers in der Musik beleuchtet und sich damit über sich selber lustig macht. Letzterer Teil ist wohl szenisch dargestellt worden, jedenfalls sind in der Aufnahme Bühnengeräusche und Reaktionen des Publikums eingefangen.
Die Werke reichen von langsamen Ausdrucksszenen wie dem berühmten ‘Lascia la spina’ von Händel bis zum rasant turbulenten ‘Gelosia, tu già redni l’alma mia’ von Vivaldi.
Man wird den Initiatoren recht geben, dass hier ein interessanter Blick in die Zukunft gelingt, der künftige große Sänger vorstellt. Das sängerische Potential ist erheblich und bereits weit entwickelt. Das heißt aber auch, dass es noch Entwicklungspotential bei den Stimmen und vor allem in der Feinstrukturierung der Darstellung gibt. Damit soll aber keine Abwertung verbunden werden, sondern lediglich darauf hingewiesen werden, dass ein Vergleich mit ausgebildeten Sängern Unterschiede aufzeigt, wie eine Gestaltung noch raffinierter gelingen kann.
Alle sechs Gesangssolisten gestalten ihre Partien eindrucksvoll, mit toller Intonation und fein angelegten Stimmführungen. Selbst in zirzensisch schnellen und turbulenten Szenen gelingt es ihnen mühelos, sich rhythmisch in den Fluss einzupassen.
Die Sopranistin Lucia Martin-Carton und der Countertenor Carlo Vistoli schneiden in dieser Zusammenschau vielleicht am wenigsten eindrucksvoll ab. Martin-Cartons Stimme ist noch etwas irdisch und direkt, was insbesondere in ‘Lascia la spina’ ein wenig von der möglichen Wirkung dieses himmlisch entrückten Stückes nimmt. Vistoli hinterlässt einen ähnlichen Eindruck, im fehlt es noch etwas an Volumen. Die Mezzosopranistin Lea Desandre hat schon eine beeindruckend runde Stimme, die beispielsweise in ‘Gelosia, tu già’ mit Schnelligkeit und warmem Timbre überzeugt. Mit Nicolas Scott erklingen die Tenorpartien schlank, aber auch erwachsen und vermeiden das Heldentenorgehabe. Baryton Renato Dolcini, der in Vivaldis ‘Ah sleale, ah spergiura’ seine Fähigkeiten in Deklamation und Gesang darstellen darf, macht dies mit modulationsfähiger und angenehm timbrierter feinfühliger Interpretation. Rezitativ und Arie aus ‘Disinganno’ von Alessandro Stradella werden werden mit der tiefsten Stimme, dem Bass von John Taylor Ward, mitreißend lebhaft und leichtfüßig geführt.
Das Orchester ‘Les Arts Florissants’, natürlich mit passendem Namen zu diesem Projekt aus Italiens Gärten, bietet unter der bewährten Leitung von William Christie sowohl dem Zuhörer als vor allem den Solisten ein sicheres und inspirierendes Beet als Grundlage, auf dem sie sich sicher und eindrucksvoll erheben können. Die Identifikation der Beteiligten mit dem Projekt und der Spaß bei der Präsentation platzt sozusagen aus der CD heraus.
Die technische Umsetzung ist bis auf wenige nicht beeinträchtigende Bühnengeräusche und ausnahmsweise auch mal erlaubte Reaktionen des Publikums einwandfrei und liefert ein angenehm klares und warmes Klangbild. Wahrlich ein abwechslungsreiches und inspirierendes Tondokument ist so entstanden.